Biste erwachsen?
Als in der Frühe der Flieger in Tegel abhebt – statt wie ursprünglich geplant in Schönefeld – muss ich an die geplatzte Eröffnung des neuen Airports denken. Und an die Häme, die sich über die Hauptstädter ergossen hat. Allerdings schien diese das Image, das Berlin im Rest der Republik hat, nicht zu beschädigen, sondern, schlimmer noch, zu bestätigen: Berlin ist bunt und selbstbewusst, Berlin ist hip, Berlin ist kreativ und kontrovers – vor allem aber unzuverlässig. Berlin bekommt gar nichts auf die Reihe, war der Eindruck. Neben dem Flughafen ließen sich das langjährige S-Bahn-Chaos oder – jüngster Fall – die ungeschickte Verzögerung des neuen Opernhauses Unter den Linden anführen. Gefühlt berlinert der Regierende Bürgermeister die Pannen meist nonchalant weg.
Keine Frage: Auch andere Großstädte können von Baupannen ein Lied singen (Elbphilharmonie?!), und Berlins Ruf als sich unablässig selbst neu erfindende Metropole im Aufbruch hat über die Jahre eine beeindruckende kreative und innovative Szene angelockt, ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. Tatsächlich fehlt Berlin aber das wirtschaftliche Rückgrat, weil sich Konzernlenker auf (oft dünn besetzte) Vertretungen in der Party-Hauptstadt beschränken, große Standorte sind woanders.
Arm, aber sexy, lautet seit Jahren Wowis Kurs, der die Stadt ihrem aktuellen Image irgendwie verpflichtet. Wie lange aber passt diese Nische denn noch, wo doch die berüchtigte Gentrifizierung dem Sexappeal zu Leibe rückt und Einzigartigkeiten (wie das Kulturzentrum Tacheles) zur Disposition stehen? Müsste Berlin – gut zwei Jahrzehnte nach der Wende – nicht ein wenig erwachsener auftreten?