Phönix-Fete für Willy Brandt
Berliner Flughäfen
Zu bruchstückhaft, zu defensiv und viel zu spät: Die Verlautbarungen zur geplatzten Eröffnung des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg International mit dem Beinamen Willy Brandt lassen Raum für Spekulationen. Und wirken wie das Bauvorhaben selbst: unfertig.
„Die Airport-Betreiber begehen gleich mehrere Fehler“, sagt Frank Roselieb, geschäftsführender Direktor am Kieler Institut für Krisenforschung. Dass sich der geplante Termin für das Opening, der 3. Juni, nicht würde halten lassen, war offenkundig lange vor der Bekanntgabe Anfang Mai absehbar. Dennoch leugnete die Flughafengesellschaft hartnäckig – genau wie 2011. „Wann immer wir über Terminprobleme berichteten, gab es heftige Dementis“, sagt Klaus Kurpjuweit, der für den Berliner „Tagesspiegel“ über örtliche Infrastrukturvorhaben schreibt.
Bis Redaktionsschluss blieb der neue Termin für die Eröffnung unklar. Ausreichend Gelegenheit für die Presse, sich an dem Debakel zu weiden. „Chaos-Airport“ („Bild online“) „Hauptstadt der Blamage“ („Spiegel Online“), „Serie von Täuschungen und Vertuschungen“ („Tagesspiegel“). Die Kommunikationsabteilung der Flughafengesellschaft scheint mit der Situation überfordert. Während Medien immer neue Details enthüllen über das Totschweigen augenfälliger Planungsmängel, macht sich Pressechef Ralf Kunkel rar. Themen-Management? Charme-Offensive? Fehlanzeige.
Auf Facebook kursiert ein Motiv der Plakatkampagne für den Airport („Ein echter Berliner“), das die Verzögerung der Eröffnungsfeier ironisch aufgreift: „Ein echter Berliner darf sich auch mal verspäten.“ Bezeichnend: Ersonnen hat das nicht die Flughafen-GmbH, sondern ein Follower ihres Facebook-Auftritts. „Unsere Prioritäten“, postet die Pressestelle, „sind gerade eindeutig gesetzt.“ Worauf, bleibt in der Schwebe.
Mit Ruhm bekleckerten sich Kunkel und sein Team schon in der Vergangenheit nicht. Statt mit ernsthaften Informationen zum Fortgang der Bauarbeiten versorgten sie die Öffentlichkeit mit dem Online-Tagebuch einer schreibenden Ameise: „Armins Tagebuch“ berichtet im Tigerenten-Duktus über allerlei Belangloses („Armin freut sich auf den Frühling“, „Armin freut sich auf die ITB“). Ähnlich gehaltvoll zeigt sich der Blog, den Pressechef Kunkel & Co. füllen („16. März: Mach’s gut, Tegel!“, „13. April: Mein Abschied vom Flughafen Tegel“). Das Hauptthema, die geplatzte Eröffnung, findet nicht statt.
Krisenforscher Roselieb vermisst ein aktives Gegensteuern der Unternehmenskommunikation gegen Missstimmung und Schlagzeilen. Im Blickpunkt standen Türen, die klemmen, Sprinkler- und Rauchabzugsanlagen, die nicht funktionieren. „Wichtig wäre gewesen, vor möglichen Folgen zu warnen“, so Roselieb. „Etwa vor Brandkatastrophen wie am Düsseldorfer Flughafen, die es zu vermeiden gelte.“ 1996 waren in Düsseldorf 17 Menschen an Rauchvergiftung gestorben.
Roselieb rät, nun populäre Köpfe als Fürsprecher für den Willy-Brandt-Flughafen in Stellung zu bringen: „Das könnte der Kommunikation auf die Beine helfen.“ Als Vorbild für die Eröffnung empfiehlt der Kieler verschobene Schiffstaufen. „Die feiert man vielfach mit Phönix-Partys.“ Mit Ironie und Pathos.
Wie Phönix aus der Asche. (mb)