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Thomas Lüdeke
13.04.2012   News
Warum sich Agenturen so schwer mit Recruiting tun
 
PR-Agenturen haben beim PR-Nachwuchs ein echtes Imageproblem: die, die ihren Kunden ein perfektes Arbeitgeberimage verpassen, vergessen, sich selbst in gutem Licht darzustellen. Kaum ein Arbeitgeber aus der Agenturbranche, der zur Zeit nicht damit zu kämpfen hat, guten Beraternachwuchs zu finden.

Eine Erhebung des auf die Vermittlung von Young Professionals in der Kommunikationsbranche spezialisierten PR Career Centers ergab kürzlich: 82 Prozent der grundsätzlich wechselwilligen Kandidaten mit Berufserfahrung zwischen ein und fünf Jahren möchten nicht mehr in eine Agentur wechseln oder sehen diese als Notnagel, falls es mit der Position im Unternehmen nicht direkt klappt.

Dabei haben Agenturjobs oft einiges zu bieten: Ein- und Aufsteigern wird ihr Handwerk von der Pike auf vermittelt, sie lernen unterschiedliche Auftraggeber kennen und können - wenn oft auch nur durch einen Agentur-Wechsel - schnell die Karriereleiter hinaufklettern. Berater mit einigen Jahren Berufserfahrung sind außerdem in Unternehmen begehrter Führungsnachwuchs. Wer also im Laufe seiner Karriere die Seiten wechseln möchte, verschafft sich so die besten Voraussetzungen.
Wenige schwarze Schafe prägen schlechtes Image
Wie so häufig in der PR-Branche wird das öffentliche Image von wenigen schwarzen Schafen geprägt. Was Hunzinger, Glaeseker & Co für die Branche in der öffentlichen Wahrnehmung sind, stellen Agenturen mit Ausbeutermentalität für den Beraterjob im Speziellen dar: miese Work-Life-Balance, eine schlechte Bezahlung (es soll gar nicht so wenig Absolventen geben, die für weniger als 1.000 Euro arbeiten) und oft nur geringste Weiterbildungsmöglichkeiten – selbst im Rahmen von Traineeships.

Über diese Rahmenbedingungen spricht der Nachwuchs - und das passt nicht mehr zu den Vorstellungen einer Generation Y, für die faire Bezahlung, gute Entwicklungsmöglichkeiten und ein ausgeglichenes Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Darunter leiden dummerweise auch die Agenturen, die richtig gute Programme bieten. Das betrifft kleine Beratungen wie Marktführer gleichermaßen. Matthias Adel von Adel & Link Public Relations in Frankfurt: "Als junge Agentur müssen wir kreativer, schneller und absolut vertrauenswürdig sein. Wir mögen und respektieren unsere Kollegen. Weil wir langfristig mit ihnen arbeiten wollen, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familienplanung selbstverständlich. Wir müssen Bewerbern schnell die Sicherheit geben, dass unser Gesamtpaket stimmt."

Auch Dirk Popp von Ketchum Pleon sagt: "Die richtigen Leute zu finden, ist immer eine Herausforderung. Auf der einen Seite, weil es heute viel mehr Möglichkeiten gibt, beispielsweise in Unternehmen. Zum anderen, weil wir Agenturtypen brauchen. Es reicht für uns nicht, nur das Handwerk zu beherrschen. Doch selbst als führende Agentur mit einem ausgezeichneten Trainee-Programm müssen wir heute deutlich mehr unternehmen, um guten Nachwuchs für uns zu gewinnen."
Versprechen einlösen
Im jüngst veröffentlichten Karrierebarometer von PR Career Center und PR-Journal werden einige der befragten Young Professionals noch deutlicher: "Wünschenswert wäre die Abwendung vom bewusst kalkulierten Mitarbeiterverschleiß hin zu einer langfristig angelegten Arbeitnehmer-Arbeitgeber Beziehung, die motiviert, Perspektiven bietet und dabei den Raum für ein gesundes (körperliches und psychisches) Arbeiten und Leben bietet", sagt ein Teilnehmer stellvertretend für viele ähnliche Aussagen in der Umfrage. Diesem Wunsch kommen die Agenturen nach eigener Aussage meist auch nach - jetzt aber ist es an der Zeit zu beweisen, dass das keine Lippenbekenntnisse sind.

Die Lösung? Der Ball liegt ganz klar bei den Kommunikationsagenturen. Sie müssen - übrigens nicht nur dem Nachwuchs - wieder zeigen, warum es sich lohnt, dort zu arbeiten. Um Top-Berater mit außergewöhnlichen Qualifikationsprofilen zu gewinnen und zu halten, gilt es, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Heißt: gut organisierte Teams, ein herausforderndes Tätigkeitsfeld, klare Verantwortlichkeiten.

"Die meisten Agenturmitarbeiter verlassen ihren Arbeitgeber nicht aufgrund der eigentlichen Tätigkeit. Fast immer sind es Rahmenbedingungen wie chaotische Teamorganisation, mangelnder Respekt und schlechte Entwicklungsmöglichkeiten - also in der Regel hausgemachte Probleme, die sich vermeiden oder beheben lassen", so Philip Müller, Geschäftsführer des PR Career Centers.

von
Thomas Lüdeke

Co-Geschäftsführer des PR Career Center in Düsseldorf und Ansprechpartner in der Geschäftsstelle der Deutschen Akademie für Public Relations

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