Was bringt uns das wirklich? Diese Frage hat jeder PR-Experte bisweilen zu beantworten, wenn es um den Sinn und Zweck von Kommunikationsmaßnahmen geht. Seit immer mehr Unternehmen und Organisationen Social Media nutzen und sich dabei auf einem für viele nach wie vor unsicherem Terrain bewegen, wird sie aber geradezu inflationär gestellt - zu Recht.
Erst die Ziele, dann die Kennzahlen
Wirklich beantworten kann man diese Frage allerdings erst, wenn es zuvor eine klar definierte Zielsetzung für die Social Media-Aktivitäten des Unternehmens bzw. der Organisation gab. Das oft gehörte "möglichst viele Fans oder Follower" ist dabei kein strategisches Ziel, sondern lediglich eine quantitative Kennzahl, die eventuell Rückschlüsse auf den Erfolg kommunikativer Online-Engagements zulassen kann - bei Weitem aber nicht muss. Vielmehr sollten die Ziele von Social-Media-Aktivitäten unmittelbar an die (kommunikativen) Unternehmensziele angedockt sein. Diese strategische Zielherleitung des Social-Media-Engagements hat beim Großteil der im Social Web aktiven Unternehmen bislang nicht stattgefunden.
Angesichts der Zunahme von Social Media-Aktivitäten und kontinuierlich wachsender Social-Media-Budgets sind zuverlässige Erfolgsnachweise jedoch unerlässlich. Überragende Bedeutung genießen noch immer rein quantitative Kennzahlen, etwa die Anzahl von Facebook-Fans oder Twitter-Follower. Augenscheinlich bieten sie eine bequeme Möglichkeit, die Performance der eigenen Aktivitäten mit der von Wettbewerbern zu vergleichen und Projekte (intern) zu legitimieren. Allerdings verraten diese Zahlen nichts über die Qualität, den Aktivitätslevel oder die Motivation der Kontakte, geschweige denn die qualitative, strategische Zielerreichung. Und selbst über die tatsächliche Reichweite der Social Media-Präsenzen geben solche Zahlen nur in den seltensten Fällen verlässlich Auskunft.
Dennoch wird Social Media-Kommunikation derzeit verstärkt darauf zugeschnitten, genau diese (Kenn-)Zahlen in die Höhe zu treiben. Eine Menge Fans oder Follower lassen sich mit innovativen Gewinnspielen, unterhaltsamen Apps und einem effizienten Targeting von Anzeigen nahezu problemlos erzielen.
Das Problem: Oft wird dadurch die Erreichung von wirklich relevanten Kommunikationszielen eher erschwert. Denn fragt man Unternehmen explizit, was sie wirklich mit ihren Social Media-Engagements erreichen wollen, zeigt sich, dass es den meisten von ihnen um Image-, Reputations- und Wissensvermittlungsziele oder die Verbesserung der Kundenbindung geht. Ziele also, die mit den rein quantitativen Fan- und Follower-Zahlen nicht evaluiert werden können, durch das Einsammeln von Gewinnspiel-Karteileichen als Fans jedoch schnell aus dem Blickfeld geraten.
Einfach mal den Rezipienten fragen
"Was haben wir bei welchen Stakeholdern mit unserem Social Media-Engagement bewirkt?": Das ist die Frage, die der Evaluation eigentlich zugrunde liegen sollte und aus welcher die jeweiligen relevanten Kennzahlen eruiert werden können. Zumal sie sich im Social Web relativ einfach beantworten lässt. Entscheidend dabei ist die Perspektive der Nutzer. Denn diese lässt am ehesten handlungsrelevante Rückschlüsse für die inhaltliche Gestaltung und Justierung einer Social Media-Präsenz und ein nachhaltiges Beziehungsmanagement mit den Stakeholdern zu.
Die Nutzerperspektive wird somit zu der entscheidenden Komponente bei der Qualitätsmessung und Überprüfung der individuellen Kommunikationsziele, die Unternehmen und Organisationen mit ihren Aktivitäten im Social Web erreichen wollen. Darum gilt es, eine Social Media-Präsenz strategisch zunächst an klaren (Unternehmens-)Zielen und den Bedürfnissen der Zielgruppen auszurichten und diese Ausrichtung beispielsweise durch valide Nutzerbefragungen kontinuierlich zu evaluieren und anzupassen. Also: Einfach mal den Rezipienten fragen!
von
Timo Lommatzsch
Neben Dietrich Schulze van Loon ist Lommatzsch Geschäftsführer von Molthan van Loon Communications, Hamburg. Gemeinsam mit der Hannoveraner Agentur neuwaerts hat MvL das Evaluations-Tool "
smom" entwickelt, um über Nutzerbefragungen den qualitativen Erfolg von Social-Media-Präsenzen messen zu können.