30 Prozent des Erfolgs
Eine wertebewusste Kultur gilt als wichtige Basis für den Geschäftserfolg – besonders dann, wenn Management und Kommunikation entscheidende Faktoren kennen und fördern. Von Claudia Ottow Wachstum durch „innere Stärke“ versprach sich der Vorstand der Commerzbank AG, als er im Jahr 2007 mit „ComWerte“ einen Wandel zu einer stärker werteorientierten Unternehmenskultur anstieß. Eigenständig, lebendig und motivierend sollte sie sein und sich auf die tradierten Werten der Bank gründen: Integrität, Marktorientierung, Leistung, Respekt und Partnerschaft sowie Teamgeist. Unternehmenskommunikation und HR-Management haben den Werteprozess gemeinsam gestaltet. „Die Unternehmenswerte wurden zunächst in einem dialogorientierten und partizipativen Prozess definiert und nicht einfach nur kommuniziert“, erklärt Matthias Goldbeck, Leiter Interne Kommunikation der Commerzbank. „Vielmehr haben alle Mitarbeiter in Workshops an den Fragestellungen erarbeitet, was diese Werte für sie persönlich, das Team und die Bank als Ganzes bedeuten. Die Kommunikation lieferte immer wieder neue Impulse und machte den Gesamtprozess sichtbar – etwa durch den ComWerte-Film, der mit Mitarbeiter-Beteiligung gedreht wurde.“ Die Kommunikation habe sich als kulturprägendes Element erwiesen – insbesondere bei der Übernahme der Dresdner Bank und in den zweieinhalb Jahren danach. „Die Unternehmenskommunikation setzt Standards in der internen und externen Kommunikation und lässt sich immer wieder an diesen einmal definierten Standards messen“, so Goldbeck. Die Commerzbank AG befragt ihre Mitarbeiter regelmäßig, um Rückmeldungen zur wahrgenommenen Unternehmenskultur zu erhalten. Dann wird analysiert, welchen Stellenwert einzelne Faktoren besitzen. Auch der Henkel-Konzern läutete im vergangenen Jahr einen Prozess zur Weiterentwicklung der Unternehmenskultur ein, um eine „Winning Culture“ zu schaffen – eine Kultur mit hoch motivierten Mitarbeitern, die jeden Tag ihr Bestes geben, um sich im internationalen Wettbewerb durchzusetzen. Als Erfolgsgrundlage dienen eine klar formulierte Vision, neu definierte Werte sowie transparente Bewertungskriterien in Verbindung mit einer leistungs- und erfolgsbezogenen Bezahlung.
Eine Werteinitiative darf kein Strohfeuer sein
Eine Werteinitiative darf kein Strohfeuer sein
Im Vorwort des Geschäftsberichts des Jahres 2010 begründet Henkel-Vorstandschef Kasper Rorsted die konsequente Ausrichtung an kulturellen Unternehmenswerten: „Die Internationalität und Vielfalt in unserem Unternehmen erfordern eine starke gemeinsame Kultur – mit einer klaren Vision und aktiv gelebten Werten, die Orientierung und Identifikation für die Mitarbeiter in aller Welt bieten. Unsere Vision, mit unseren Marken und Technologien global führend zu sein, formuliert einen klaren Leistungsanspruch für jeden Einzelnen im Unternehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, richten alle Mitarbeiter bei Henkel ihr Handeln an fünf Werten aus: Kunden, Mitarbeiter, wirtschaftlicher Erfolg, Nachhaltigkeit und Familie.“ Mit der global gültigen Vision und den Werten will das Unternehmen weltweit für „One Henkel“ stehen. Workshops dienten auch bei Henkel als zentrales Kommunikationsinstrument, um die Wertekultur im Alltag mit Leben zu füllen. In rund 5.000 dialogorientierten Arbeitskreisen haben alle Mitarbeiter weltweit die Bedeutung der Werte für sich geklärt. „Wir sind davon überzeugt, dass man eine Vision und überarbeitete Werte nicht nur durch Broschüren, Poster und Artikel in der Mitarbeiterzeitschrift zum Leben erwecken kann. Daher haben wir mit den Workshops ein Format eingeführt, das es Teams rund um die Welt ermöglicht, die Werte in ihrem Arbeitsalltag in konkretes Handeln zu übersetzen“, erklärt Carsten Tilger, Corporate Senior Vice President Corporate Communications. In diesem Jahr werden die Maßnahmen, die in den Workshops erarbeitet wurden, umgesetzt. Zudem werden die Werte durch gezielte Aktivitäten, Follow-up-Formate und regelmäßige Kommunikation über alle Informationskanäle weiter im Unternehmen verankert. Durch eine Mitarbeiterbefragung wurde der Erfolg der Werteinitiative überprüft, um gezielt Ansatzpunkte für eine weitere Vertiefung der Werte zu ermitteln. Derzeit beschäftigt man sich bei Henkel intensiver mit den Themen Nachhaltigkeit und Familie. „Das darf kein ,Strohfeuer‘ sein. Deshalb bietet die Unternehmenskommunikation Materialien und Formate an, mit denen strukturierte Folgediskussionen in den Teams durchgeführt werden können“, sagt Tilger.
Gute Unternehmenskultur ist preiswürdig
Gute Unternehmenskultur ist preiswürdig
Für ihre „Werteorientierte Unternehmensführung als Erfolgsfaktor“ erhielt die Lyreco Deutschland GmbH, ein Handelsunternehmen für Bürobedarf im B-to-B-Segment, im vergangenen Jahr den HannoverPreis des WirtschaftsKreises Hannover. Lyreco verpflichtet sowohl Mitarbeiter als auch Lieferanten zur Einhaltung dokumentierter Ethikrichtlinien, basierend auf den Grundwerten Leidenschaft, Respekt, Perfektion und Professionalität sowie auf dem besonderen Engagement im Umweltschutz. Die Werte werden im Internet, Intranet und durch Aushänge propagiert und bei Mitarbeiterbeurteilungen berücksichtigt. „Die Unternehmenskommunikation unterstützt die Werteorientierung, indem sie sämtliche Mitarbeiter zeitnah und transparent über alle wichtigen Neuigkeiten informiert“, erklärt Nina Schrader, Marketing Communications Managerin von Lyreco Deutschland. Die Kommunikatoren unterstützen das HR-Management zudem bei der Durchführung der jährlichen Wahl der „Very Lyreco People“. Dabei werden die Beschäftigten geehrt, die die kulturellen Werte des Unternehmens besonders vorbildlich leben.
Werte zu vermitteln macht erfolgreich
Werte zu vermitteln macht erfolgreich
„Je besser es gelingt, die gemeinsame Basis der Werte und Verhaltensweisen als Präferenz für Instrumente und Ziele zu vermitteln, desto stärker wird die Identifikation mit der Organisation und die Leistungsorientierung. Das wirkt unmittelbar auf die Wertschöpfung“, erklärt Gregor Schönborn, Gründer der Bonner Unternehmensberatung Deep White und ehemals CEO der Kommunikationsberatung ECC Kohtes Klewes. Eine von ihm mitentwickelte Methode soll belegen, dass mehr als 30 Prozent des wirtschaftlichen Erfolges durch die Gesamtwirkung der Unternehmenskultur entsteht. Nun will Schönborn den „Value Performance Index“ (VPX) als Gradmesser etablieren, der „Erfolgstreiber“ und „Erfolgskiller“ der Wertekultur identifiziert: „Der VPX ist die erste aussagefähige Kennzahl zur Performance- Messung einer gelebten Werte- und Unternehmenskultur für den objektiven Vergleich untersuchter Unternehmen“, meint der Berater. „Wer Unternehmenskultur versteht, erkennt und sie verändern kann, hat einen Hebel zur Optimierung des Erfolgs“, ist Schönborn überzeugt. Modelle zur Messung der Mitarbeiterzufriedenheit oder der Loyalität hält er in dieser Hinsicht für unzureichend, weil sie nur eine Dimension der komplexen Kultur darstellten. „Erfolgreiche Unternehmen legen großen Wert auf die Pflege ihrer kulturellen Werte, weil sie von deren positiver ökonomischer Wirkung überzeugt sind“, meint Andreas Welther, Gründer der Welther GmbH Coaching & Consulting aus Starnberg. Er berät Kunden wie die I.K. Hofmann GmbH, Nestlé Deutschland oder Ikea Deutschland in puncto wertebasierte Unternehmensführung. Für die Kulturanalyse nutzt Welther das „Cultural Transformation Tool“, eine mehrsprachige webbasierte Software, durch die Mitarbeiter zu ihren persönlichen Werten, ihrer Wahrnehmung der aktuellen sowie der gewünschten Unternehmenskultur befragt werden. Für die Interpretation der Ergebnisse quantitativer Befragungen werden stets qualitative Analysen und weitere Datenquellen hinzugezogen. Unternehmensberatungen und strategische Kommunikationsberatungen unterstützen Unternehmen bei der Kulturanalyse und begleiten den Kulturwandel teilweise auch mit Führungskräfte-Workshops, Seminaren und Coaching-Angeboten.
Die Erwartungen der Stakeholder sind wichtig
Die Erwartungen der Stakeholder sind wichtig
Der wachsende Einfluss der Social Media macht die Überprüfung der Unternehmenskultur nach Meinung von Experten unabdingbar. „Eine erfolgreiche Social-Media-Strategie setzt voraus, dass Unternehmen mit Mitarbeitern, Kunden, Partnern und der Öffentlichkeit unvoreingenommen, offen und fair umgehen“, betont Jacqueline Althaller, Inhaberin der Münchner Agentur Communication Presse & PR. Auch die wachsenden ethischen Ansprüche der Gesellschaft werden sich ihrer Meinung nach künftig viel stärker in einer werteorientierten Kommunikationsstrategie niederschlagen müssen. „Die Marke kann nicht mehr ausschließlich ,von oben‘ definiert werden, sondern muss zunehmend die Erwartungen der Stakeholder berücksichtigen. Unternehmen müssen ihre Kultur dann gegebenenfalls anpassen, ohne ihre Werte zu verraten“, meint Althaller und betont: „Aufgabe der PR ist es verstärkt, die Signale vom Markt zu ordnen und passgenaue Strategien zu entwickeln.“ Sie ist außerdem davon überzeugt, dass „Unternehmen, die ihre Werte nicht trennscharf formulieren, in einem immer homogeneren Markt nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen“ werden. Insofern sei die erfolgreiche Kommunikation der Werte nach außen untrennbar mit dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens verknüpft. Foto: Henkel AG & Co. KGaA