Please wait...
News / Versteckspiel
29.10.2008   News
Versteckspiel
 

Das Image deutscher Bankenchefs hat einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. In der Defensive ist Abwarten bislang die bevorzugte Taktik gewesen, von Erfolg ist sie nicht gekrönt. Von Uwe Förster

Wer auf der Karriereleiter ganz oben steht, kann tief fallen. Und wer in den obersten Etagen von Deutschlands Banken schaltet und waltet, der muss im Fall des Falles auch heftige Medienschelte einstecken können. Der eine oder andere muss sich von einem Massenblatt in der Kategorie „Deutschlands dümmste Banker“ (Peter Fleischer, Detlef Leinberger/KfW) einordnen oder sich gar als „Bankster“ (Georg Funke/Hypo Real Estate) bezeichnen lassen.

Doch gerade jetzt, wo die Spitzenkräfte der Banken am Pranger stünden, dürften die Köpfe nicht eingezogen werden, meint ein Frankfurter PR-Mann. „Angesichts der Erosion des Vertrauens müssen die CEOs bis hinunter zu den mittelgroßen Banken und Sparkassen Flagge zeigen.“ Abtauchen schaffe keine Glaubwürdigkeit, aufgrund des hohen Regionalisierungsgrades unserer Medienlandschaft müssten auch jene Verantwortung übernehmen, die ansonsten nicht unbedingt in der ersten Reihe stehen.

Leichter gesagt, als getan. Der Druck auf die Top-Manager ist groß, und die Finanzkrise macht offenbar dünnhäutig, Spatzen werden mit Kanonen attackiert. Auf die Einlassung des Linken-Präsidentschaftskandidaten Peter Sodann via „Sächsische Zeitung“, als Polizeikommissar würde er Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann verhaften, reagiert der Angegriffene mittels „BamS“ völlig überzogen („Mir wird langsam Angst um dieses Land.“). Ackermanns Chefkontrolleur, Aufsichtsratschef Clemens Börsig, macht sich bereits Sorgen: „Die öffentliche Wahrnehmung der Firmenlenker ist momentan sicher ein Problem bei uns.“ (manager-magazin.de)

Die Situation hat sich so zugespitzt, dass die Phase im August, als es noch um „läppische“ 10,7 Milliarden Euro ging, mit denen der Staat (Steuerzahler) der IKB Deutsche Industriebank wegen riskanter Geschäfte ihrer Tochter Rhineland Funding unter die Arme griff, als geradezu ruhig bezeichnet werden muss. Oder als Ende September von einer Bürgschaft in Höhe von (zunächst) 35 Milliarden Euro die Rede war, mit dem die Zukunft der Hypo Real Estate gesichert werden sollte. Inzwischen ist ein „Rettungspaket“ von einer halben Billion Euro durch die politischen Instanzen gedrückt worden, das der „kleine Mann“ – im schlimmsten Fall – in ein völlig in Misskredit geratenes Bankensystem zu pumpen bereit sein muss. Mit dem Geld sollen Banker, deren Reputationswerte drastisch gesunken sind, dafür gewonnen werden, sich gegenseitig zu vertrauen und Kredite zu gewähren. Ganz einleuchtend erscheint das nicht, doch anders gehe es nicht, behauptet die Politik. Die Privatbanker aber wollten das Hilfsangebot erstmal gar nicht in Anspruch nehmen. Wer hebt freiwillig den Finger? – die Konsequenzen des Eingeständnisses sind gravierend.

Tiefes Misstrauen

Zugegebenermaßen hatten es Bankenvorstände auch schon vor der US-Hypothekenkrise und deren weltweiten Auswirkungen nicht leicht, von der Öffentlichkeit vorurteilsfrei wahrgenommen zu werden. Zu tief ist das Misstrauen gegenüber den Geldjongleuren verwurzelt, denen es auf wundersame Weise gelingt, Geld zu vermehren. Und davon selbst so reichlich zu profitieren. Die Weltfinanzkrise hat das Vertrauen jedoch dramatisch verringert, wie zahlreiche Umfragen dieses Jahres zu belegen scheinen. Die Hamburger Online-Bank netbank AG beispielsweise stellte Ende Mai die Ergebnisse einer Befragung von 1.000 Kunden vor. Demnach gaben 36,6 Prozent an, dass sich in den vorangegangenen sechs Monaten die persönliche Einstellung gegenüber der Branche verschlechtert habe. Der Großteil der Befragten (81,1 Prozent) sei zudem der Meinung, dass die Banken für die aktuelle Vertrauenskrise selbst verantwortlich seien. Bereits Anfang des Jahres hatte das Trendbarometer Financial Market Tracker von BrandControl gezeigt, dass jeder dritte Gutverdiener wegen der Subprime-Krise (einem Teil des Hypothekendarlehenmarkts) das Vertrauen in die Banken verloren habe. Gemäß der jüngsten Umfrage des Frankfurter Instituts für Markencontrolling ist der Anteil der Enttäuschten auf 58 Prozent gestiegen.

Ist es vor diesem Hintergrund klug, ausgerechnet den argwöhnisch beäugten CEO ins Zentrum der Kommunikation zu rücken? Eine Antwort auf die Frage darf sich nicht aus der Wahrnehmung des Vorstands­chefs der Deutschen Bank in den Medien herleiten. Die Ausnahmeerscheinung Ackermann – einer, der die Initiative ergriffen hat – ist in ihrer Rolle nicht auf die des Unternehmenslenkers beschränkt. Er ist das Aushängeschild der Finanzbranche, er ist eine politische Figur, er berät die Kanzlerin, er nimmt zu diversen Themen Stellung, im November spricht er in der Katholischen Akademie in Berlin über Ethik. Und er hat eine Vergangenheit (Victory-Zeichen im Mannesmann-Prozess 2004), die ihm und seinem Kommunikationschef Stefan Baron dieser Tage wieder zu schaffen machen mag.

Ganz anders sieht es demgegenüber etwa beim kleinen, in Familienbesitz befindlichen Bankhaus Metzler aus. Hier steht der Name von Bankier Friedrich von Metzler für das Haus, was die Kommunikation etwas einfacher macht. Mit seiner Strategie, den Kopf des Unternehmens nach vorn zu stellen, habe der Kommunikationsverantwortliche Jörg-Matthias Butzlaff, so eine Auswertung von BrandControl, in der medialen Präsenz mit den Großbanken mithalten können. Sein CEO rede aber nicht über alles und jedes, schränkt Butzlaff ein. Von Metzler besetze die Grundthemen, er beziehe gegebenenfalls auch Position zur Situation auf dem Finanzmarkt (jüngst in „Börse Online“). Zu Fachthemen nähmen die Spezialisten des Hauses Stellung. Zur Kommunikation des Hauses gehört es laut Butzlaff aber auch, mal nicht in der Presse zu stehen, auch danach werde seine Arbeit bewertet.

Woran macht sich Vertrauen fest?
Bank-CEO ist nicht gleich Bank-CEO, gemeinsam ist ihnen, dass es nicht ihr Tag und nicht ihre Stunde ist. Eine vernünftige Kommunikationsstrategie sollte sicherlich darauf aufbauen können, dass den CEOs sämtliche noch vorhandenen Risiken in ihrem Haus bekannt sind (worauf es derzeit allerdings keine Garantie geben kann). Das weitere Vorgehen erschließt sich dennoch nicht unbedingt logisch. „Der Reputationsverlust ist für alle Beteiligten enorm hoch“, gibt sich ein Düsseldorfer Kommunikationsexperte etwas ratlos. Von einem „Jahrhundertbeben“ spricht er, wegen möglicher Nachbeben sei noch nicht mit den Aufräumarbeiten begonnen worden. Momentan sei es müßig zu philosophieren, was CEOs tun müssten. Die Frage sei vielmehr: „Woran macht sich Vertrauen in der nächsten Dekade überhaupt fest?“

Ein Konkurrent aus der Rhein-Metropole vermisst dagegen „Einsicht und Verantwortung“. „Die Politik hat das Heft des Handelns an sich gerissen“, analysiert er. So bekomme die Defensivhaltung der Banker ein „Geschmäckle“. Derart, dass die offenbar orientierungs- und kraftlosen „Schuldigen“ von Steinbrück & Co. an die Hand genommen werden müssten. Die Banken sollten sich vielmehr zu ihrer Mitverantwortung bekennen und verdeutlichen, dass sie sich aktiv an der Krisenbewältigung beteiligen und alles daran setzen, dass sich solch eine Finanzkrise nicht wiederholt.

Magazin & Werkstatt