Weniger „Public“, mehr „Relations“: Wie Marius Brecht Kommunikation und Marketing bei cw mit seinen 29 Einzelfirmen managt. Von Sebastian Vesper
Marius Brecht nimmt eine Serviette, faltet sie zu einem Dreieck und legt sie in die Mitte des Stehtisches. Das Dreieck steht auf der Spitze. „So kann man unsere Organisation am besten erklären“, sagt der 40-Jährige: „Sie steht auf der Spitze – die Holding ist ‚unten’, darüber die Ebene der Geschäftsfelder und ganz oben, vorn am Kunden, die einzeln agierenden Firmen.“ Vinci Energies heißt dieses Gebilde. Es hat nichts mit Energie zu tun, sondern mit „baunahen Dienstleistungen“. Und es passt mit seinen 29 Einzelfirmen auf keinen Bierdeckel – und streng genommen auch auf keine Serviette.
Isolierungen, Brandschutz, Automatisierungstechnik, Facility Management, Datennetzwerke – auch hart gesottene Kommunikationsfachleute mit einem Faible für B-to-B-Branchen werden sich beim komplexen Portfolio von Vinci Energies fragen: Wie, bitteschön, kann ein Mensch oder ein Unternehmen dafür bei so vielen Zielgruppen überhaupt einigermaßen stringent PR betreiben? Brecht, der studierter Politikwissenschaftler und ausgebildeter Kommunikationsfachwirt ist und seit drei Jahren bei dem unbekannten Riesen wirkt, kennt die Antwort: gar nicht. „Draußen“ pfeift Vinci Energies nämlich auf seine Corporate-Marke – auf ihren jeweiligen Märkten positionieren sich die 29 Töchter jeder Größe, die mit ihren 90 Niederlassungen als autonome Profitcenter geführt werden, sehr eigenständig.
In Hierarchien zu denken, macht für den Leiter Unternehmenskommunikation/Marketingkommunikation dabei keinen Sinn, die Welt des in Bergisch-Gladbach geborenen Brecht sind Projektgruppen, Komitees und Steuerungsausschüsse. Acht Leute zählt zum Beispiel sein „Kommunikations-Club“, in dem die Marketing- und PR-Verantwortlichen der Vinci-Firmen in Deutschland gebündelt sind. Der Job des passionierten Familienvaters und Bergwanderers ist zu allererst ein interner: mehr „Relations“ also und weniger „Public“. Und weil Vinci Energies wiederum nur einer von vier Teilen des gigantischen Mischkonzerns ist – neben Verkehrswegen, dem Konzessionsgeschäft (zum Beispiel Kindergärten oder Schulen) und dem Hochbau (zum Beispiel Brücken oder Stadien) – multiplizieren sich die Matrix-Strukturen.
Allein Energies beschäftigt weltweit 32.000 Menschen, etwa zwei Drittel haben keinen festen Computerarbeitsplatz, weil sie zum Beispiel als Monteure arbeiten. Welche persönlichen Eigenschaften braucht es, um in einem derartigen Konzern als Kommunikationsverantwortlicher mit seinen Projekten und Botschaften durchzudringen? „Wir verstehen uns in erster Linie als Dienstleister“, sagt Brecht über sich und seine Mitarbeiterin, mit der er die durch Agenturen, Fotografen und Messebauer flankierte Mini-PR-Unit stemmt. Er wirkt dabei bescheiden und zurückhaltend, aber alles andere als blass. Brecht ist eine jener glücklichen Charakterkreuzungen, bei denen Manager-Dasein und Bodenständigkeit keine Gegensätze sind.
„Man sollte operativ denken, nicht zu sehr in die Marketingsprache verfallen“, meint Brecht. Und: „Es ist von Vorteil, den Mund nahe am Herzen zu haben.“ Ein Satz, der gut auf einen Bierdeckel passt.