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News / Der Verzicht auf das „Nordwand-Gesicht“
Szenen der Freude an der freien Natur: Maier Sports überlässt anderen die Bilder vom Spiel mit dem Feuer
26.04.2011   News
Der Verzicht auf das „Nordwand-Gesicht“
 
Irgendwann hat sich der Markt für Outdoor-Bekleidung erfolgreich der lang währenden Stagnation der Textilwirtschaft entzogen. Marken wie Wolfskin und North Face machen das Rennen. Maier Sports hat die Weichen neu gestellt.
Im Jahr 2010 wurde Maier Sports von der Fachzeitschrift „Outdoor Markt“ zum Aufsteiger des Jahres gekürt. Allein im ersten Halbjahr hatte der Ski- und Outdoor-Bekleidungshersteller eine sattes Umsatzplus von 14 Prozent eingefahren. Nur ein Jahr zuvor hätten entsprechende Prognosen für ungläubiges Kopfschütteln gesorgt: Die Marke hatte nicht zuletzt aufgrund ihrer Zahlungsunfähigkeit im Jahr 2008 ein massives Imageproblem. Nicht von ungefähr überschrieb das „Handelsblatt“ im April 2010 einen Artikel über das Unternehmen mit „Phönix aus der Asche“. Die Entwicklung bei Maier gleiche „einem modernen Märchen“. Sie war nicht nur auf neue Materialien und frische Kollektionen zurückzuführen, sondern auch auf ein verändertes Kommunikationskonzept.
Die radikale Neupositionierung verdankt die Traditionsfirma der Agentur Mayr Nell. „Das Image von Maier war bestenfalls mit solide und werthaltig zu beschreiben“, blickt Sandra Nell zurück. Ein simples Uptrading in den Premiumsektor war aufgrund der Imageprobleme allerdings nicht möglich. So sah Nell ihre Aufgabe darin, „die Seele des Unternehmens freizulegen und auf dem Markt abzubilden“. Dazu entwickelte die Münchner Agentur eine neue Kommunikationskultur, wie sie für die Outdoor- und Skibranche eher unüblich ist.
Auf dem Wachstumsmarkt der Outdoor-Artikel gehört Bekleidung, beispielsweise Fleece-Pullover und Trekkinghosen aber auch Wanderschuhe, zu den umsatzstärksten Bereichen. Jack Wolfskin und The North Face sind vermutlich die bekanntesten Marken. Ansonsten prägen eher mittelständische Unternehmen wie Schöffel und Vaude den Sektor. Sie profitieren auch davon, dass Funktionsbekleidung zur Freizeitmode avanciert ist und die Bereitschaft, dafür mehr Geld auszu-geben, vorhanden ist.
Die führenden Marken würden ihre Protagonisten und Testimonials mehr oder weniger mächtig in Heldenposen werfen, hat Nell festgestellt, „ein Nordwandgesicht hier, eine Frau, die anstrebt, alle Achttausender zu besiegen, dort“. Marken, die die Stille, die Freude und das bewusste Naturereignis thematisieren, seien Mangelware. Maier Sports und Mayr Nell setzten daher nicht auf das nervenzerreißende Ereignis, nicht die Leistung, im steilen Fels anzukommen, wurde behandelt, sondern draußen glücklich zu sein und dabei möglichst eine gute Figur zu machen. Die Unique Selling Proposition von Maier Sports: Der Hersteller gibt eine Passformgarantie für alle Größen.

Neue Angriffslust
Das Unternehmen gewann durch die rasant gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit an Selbstbewusstsein. Es folgte der zweite Schritt: die Operation Attacke. Aktionen, die noch vor zwei Jahren als „eine Nummer zu groß“ abgewiegelt worden wären, waren machbar geworden. Die Agentur sorgte unter anderem für eine neue Bildsprache. Ein Balletttänzer in Outdoorbekleidung im Sprung abgebildet sorgte in den Fachmedien für Aufmerksamkeit und polarisierte – durchaus gewollt. Die Agentur ließ für die Leitmessen ispo und Outdoor einen neuen Messestand bauen. Es wurden bis zu 40 persönliche Gesprächstermine mit Journalisten pro Messe abgehalten. Anstelle der üblichen Pressemappen wurde ein Hybrid aus Lookbook und Pressemappe entwickelt. Medienkooperationen mit Special Interest Titeln setzten nicht auf den „coolsten Helden“, sondern es wurde zum Beispiel „Das Wanderpaar des Jahres“ gesucht. Das Herzstück der PR-Arbeit wurde das neue Kundenmagazin „Sehen“ (derzeitige Auflage: 185.000/Umfang: 20 Seiten), das als Beihefter im Leitmedium „Outdoor“ eingesetzt wird. Anspruchsvolle journalistische Texte von „GEO“-Redakteuren sprachen die Zielgruppe der Marke sehr gut an. Es wurden Exklusivinterviews mit dem eher zurückhaltenden Unternehmer Gerhard Maier arrangiert. Anstelle der üblichen Showrooms besucht die Agentur die Redaktionen mit der Kollektion regelmäßig.

23 Prozent Umsatzplus
Schließlich hat Maier Sports 2010 das beste Geschäftsergebnis seiner Firmengeschichte erzielt. Die Special Interest-Titel berichten regelmäßig über die Produkte, so dass eine Nachfrage im Handel zu besseren Sell-In-Ergebnissen führte. Der Umsatz wurde, obwohl schon im Vorjahr deutlich gesteigert, um 23 Prozent gehoben.
Als die gesamte Branche unter Beschuss der „Fair Wear Foundation“ stand – es ging um faire Arbeitsbedingungen in Fernost – griff das Issue Management von Mayr Nell: Maier Sports wurde nicht angegriffen. Vielmehr wurden fruchtbare Hintergrundgespräche mit den Aktivisten und den Sprechern geführt.
Das neue Shooting von Maier Sports zeigt übrigens Schafbauern statt Superhelden. (fo)

Kampagnendetails
Seit 2009 arbeitet Mayr Nell daran, die Marke Maier Sports neu zu positionieren. Der Ski- und Outdoor-Bekleidungshersteller aus Köngen bei Stuttgart hat den Münchnern die Gesamtverantwortung für die Marketingkommunikation übertragen.
 

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