Tricks für Hirn und Bauch
Weil sich die Qualität von Produkten und Leistungen angleicht, treibt Unternehmen die Frage um, wie sie zielgruppenorientiert kommunizieren können. Das Neuromarketing gibt Antworten. Von Thomas Loest
Reizüberflutung und Zeitdruck sind Hauptprobleme der Kommunikation. Denn unser Bewusstsein kann nur wenige Inhalte gleichzeitig verarbeiten. Deswegen entschlüsselt unser Gehirn einen Großteil der Eindrücke unbewusst, also implizit. Hier liegt das Potenzial für effiziente Markenkommunikation.
Um eine Vorstellung zu bekommen: Beim Lesen einer Anzeige erfolgt die bewusste Verarbeitung von Informationen im Gehirn mit 40 bit pro Sekunde durch das explizite System (Pilot). Bei der unbewussten Verarbeitung durch das implizite System (Autopilot) steigt diese Leistung auf rund 11 Milliarden bit pro Sekunde. Durch den Autopiloten entschlüsselt das Gehirn implizite, emotional verankerte Codes und interpretiert sie etwa als sozialer Status, Sicherheit oder Anerkennung – ohne dass dies dem Betrachter unbedingt bewusst ist.
Hinzu kommt, dass wir die Welt je nach Bedürfnislage anders sehen. Wirksame Codes, die unsere Motive und Bedürfnisse bedienen und damit im Moment der Wahrnehmung relevant sind, aktivieren im Gehirn das Belohnungssystem. Es gilt also, den Empfänger der Botschaft möglichst emotional anzusprechen. Gelingt dies, wird ein positives Gefühl mit der Marke oder dem Absender der Botschaft im Gehirn verankert. Deshalb sind Kommunikationsstrategien zielgerechter und wirkungsvoller, wenn sie auf einer klaren Positionierung aufbauen, in der alle Codes ganzheitlich und multisensual aufeinander abgestimmt sind. Inhalte müssen eindeutig und gezielt relevante Informationen und Vorteile kommunizieren. Jeglicher Aspekt der Kommunikation, sei es die Sprache, Story, Sensorik oder Symbole wie Logos und Bildwahl – nichts darf dem Zufall überlassen werden, sondern muss konsequent der Positionierung zugeordnet werden.
Im Fall des Fashion-Logistikers Meyer&Meyer ergaben Marktforschungen, dass die zentrale Fashion-Expertise des Unternehmens im Bewusstsein der Zielgruppe nicht vorhanden war. Stattdessen wurde die Firma intern wie extern eher als Generalist wahrgenommen. Der Grund: Der Markenauftritt vermittelte die entsprechenden Codes. Auf Grundlage des Neuromarketings segmentierte red pepper daraufhin mit dem Motiv- und Entscheidungsmodell Limbic® die impliziten Motive und Bedürfnisse der Zielgruppe. Diese wurden im zweiten Schritt in visuelle, sprachliche und multisensuale Codes für alle Kommunikationskanäle (etwa Pressefotos, Messestand, Mitarbeiterzeitschrift) transformiert. Das Ergebnis: „Fashion meets Logistics“ – hochemotionale, bunte Fashion trifft auf strukturierte, geradlinige Logistik. Die für die B-to-B-Kommunikation relevanten Motive Sicherheit, Effizienz und Zuverlässigkeit werden kombiniert mit den für die Fashion-Branche charakteristischen Werten Innovation und Kreativität. Erst jetzt sieht und spürt man die Positionierung des Fashion-Logistikers wirklich. Mit Erfolg, denn der neue Markenauftritt wurde nicht nur in Wettbewerben ausgezeichnet, sondern verschaffte dem Unternehmen auch wirtschaftliche Mehrwerte: Umsatz und Ertrag konnten von 2009 auf 2010 deutlich gesteigert werden.
Neuromarketing liefert vielfältige Mechanismen zur Optimierung der Markenführung und -kommunikation durch die gezielte Ansprache mit impliziten Codes. Um den Empfänger emotional zu erreichen, sollten sich die Wort- und Bildsprache an seinen zentralen Bedürfnissen orientierten. Das heißt: Erzählen Sie eine authentische, emotional konsistente Geschichte, laden Sie die Story und Bildwelt rund um die Marke emotional mit impliziten Codes auf – aber achten Sie darauf, dass alles zusammenpasst.
Thomas Loest ist Diplom-Psychologe sowie Gründer und Geschäftsführer der Bremer Gesellschaft für neurowissenschaftliche Markenverankerung red pepper.