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News / Transparenz nicht um jeden Preis
Dominik Meier
17.03.2011   News
Transparenz nicht um jeden Preis
 
Kriminelle Cyber-Attacken oder ein wichtiger Beitrag zu mehr Transparenz? Spätestens die aufsehenerregenden Veröffent- lichungen streng geheimer Depeschen der US-Diplomatie durch die Enthüllungsplattform Wikileaks hat die Debatte um Transparenz, Öffentlichkeit und Partizipation wieder auf die europäische Agenda gebracht. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht dabei Julian Assange, Ideengeber, Macher und Gesicht des Projekts, dessen polarisierende Wirkung in Bezeichnungen zum Ausdruck kommt, die von „Staatsfeind“ bis hin zu „Kreuzritter für eine transparente Gesellschaft“ reichen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellt infrage, ob die Ver- öffentlichung sensibler Informationen im öffentlichen Interesse sei.
Unbestritten sind die positiven Auswirkungen transparenter politischer Prozesse: Durch informierte Bürger, Kommunikation und transparente Entscheidungsstrukturen erfahren demokratische Werte und die zivilgesellschaftliche Partizipation eine nach-haltige Stärkung. In einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Welt ist das Wissen um die relevanten Informationen entscheidender Ausgangspunkt für die Ausübung politischer und wirtschaftlicher Macht. Insofern ist die Diskussion angebracht, ob Transparenz um jeden Preis überhaupt wünschenswert ist. Zu schnell vergessen wir, dass der politische Betrieb nicht nur in Brüssel, sondern weltweit von Vertrauen und Diskretion lebt. Gerade die unkontrollierbare Veröffentlichung von Namen und Inhalten durch Enthüllungsplattformen wie Wikileaks kann Vertrauen zerstören und politische Verhandlungsprozesse dauerhaft beeinträchtigen.

„Zu schnell vergessen wir, dass der politische Betrieb weltweit von Vertrauen und Diskretion lebt.“



Auch der Vorschlag von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy für einen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit befeuert die laufende Transparenzdiskussion. Opposition und Teile der schwarz-gelben Koalition werfen dem Kanzleramt mangelhafte Informationspolitik vor und fühlen sich nicht nur im Hinblick auf den EU-Gipfel Anfang Februar umgangen. Dabei verdeutlichen die aktuellen Entwicklungen rund um Stuttgart 21, aber auch die antiautokratischen Revolutionen in Ägypten und Tunesien, dass der Zeitgeist auf nationaler und internationaler Ebene vom Ruf nach mehr Transparenz bestimmt wird.
Die enorme Beachtung der Causa Wikileaks demonstriert das große Bedürfnis weiter Teile der Bevölkerung nach mehr Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen. Aber auch Transparenz lebt letztlich von Legitimität und ist kein Willkürprodukt. Sie muss sich innerhalb eines demokratisch legitimierten Systems beweisen. Demokratie lebt vom Ausgleich der Interessen. Hierzu gehört die öffentliche Debatte genauso wie das vertrauensvolle Gespräch in kleiner Runde. Eines ist dabei aber wichtig: Das bewährte Prinzip von „checks and balances“ sollte immer der Maßstab sein.

Dominik Meier ist Vorstizender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (de'ge'pol). Kontakt: dmeier@miller-meier.de
 

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