Seit 1996 können sich lobbytreibende Organisationen beim Europäischen Parlament registrieren und erhalten für namentlich akkreditierte Interessenvertreter dauerhaften Zugang zu den Parlaments- gebäuden. Als Folge der EU-Transparenzinitiative des damals zuständigen Kommissars für Verwaltung, Audit und Betrugsbekämpfung, Siim Kallas, bietet aber auch die EU-Kommission seit dem Jahr 2008 Interessenvertretern die Möglichkeit, sich freiwillig in ein Online-Register einzutragen. Insbesondere dieses Register der Kommission hat wegen seiner unklaren Anforderungen, wer genau sich wie und mit welchen Angaben registrieren soll, zum Teil skurrile Blüten getrieben. Auch boykottieren Anwälte und Think Tanks nach wie vor das Register, was der ohnehin niedrigen Registrierungsquote nicht gerade zuträglich ist.
Eine Arbeitsgruppe um Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič und Diana Wallis, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, hat nun die Weichen für ein gemeinsames Register von EU-Kommission und -Parlament ab Juni kommenden Jahres gestellt. Die bestehenden Listen sollen zusammengeführt werden, um relevante Informationen über Interessenvertreter auf einen Blick zugänglich zu machen. Da mit einem Eintrag ein Zugangsausweis zum EU-Parlament verbunden ist, hoffen die Verantwortlichen, dass sich durch diesen Anreiz – automatisch und ohne direkten Zwang auszuüben – alle Interessenvertreter brav registrieren und so Transparenz schaffen. Was allerdings zu bezweifeln ist! Denn leider verfolgt die Union weiterhin nicht die Absicht, die Angaben im Register systematisch auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.
„Leider verfolgt die Union weiterhin nicht die Absicht, die Angaben im Register systematisch auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.“
Zwar sind Maßnahmen geplant, die die „Qualität der Registereinträge“ steigern sollen – wie das genau funktionieren soll, bleibt aber unklar. Das neu einzurichtende gemeinsame Sekretariat des Registers wird nämlich nur bei konkreten Beschwerden über Verstöße gegen den Verhaltenskodex und falsche Registereinträge in gewohnter Behördenmanier tätig. Ist der Öffentlichkeit hingegen gar nicht bekannt, wer überhaupt Interessenvertreter ist, kann sie die von ihr geforderte Kontrollfunktion auch gar nicht wahrnehmen. Die „Strafe“ bei Fehlverhalten – nämlich zeitweiser oder endgültiger Ausschluss aus dem freiwilligen Register – ist dann sicherlich auch zu verschmerzen. Schließlich bleibt nur der direkte Zugang zu Gebäuden des EU-Parlaments verwehrt, wenn der Ausweis wieder eingezogen wird. Alle anderen Formen der Interessenvertretung bleiben davon unberührt.
Bleibt die Hoffnung, dass vor allem der letzte Satz der gemeinsamen Übereinkunft über das Transparenzregister bei den Verantwortlichen besondere Beachtung findet – wird doch gesagt, dass das Register spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten erneut überprüft werden soll.
Dominik Meier ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (de'ge'pol). Kontakt: dmeier@miller-meier.de