Wissen, was zählt: Das Leben studieren
Wenn das Deutsche Studentenwerk dieser Tage in Berlin seinen Preis für soziales Engagement verleiht, rückt in den Fokus, was häufig im Verborgenen geschieht: ehrenamtliche Arbeit von Studierenden. Immerhin sind sie laut Studentenwerk die engagierteste Bevölkerungsgruppe Deutschlands, trotz der Umstellung auf die arbeitsintensiven Bachelor- und Masterstudiengänge. Studentisches Lernen passiert oft außerhalb von Hörsaal und Seminarraum. Lernorte sind Sportvereine, Kirchengemeinden und Wohlfahrtsverbände. Häufig beginnt das „Sozial-Semester“, wenn die letzte Vorlesung beendet ist.
So auch bei meinem Kommilitonen Roman Rühle. Fünf Wochen lang gab er Obdachlosen in New York Mittagessen aus und verwaltete Kleiderspenden. Schon zum zweiten Mal half er in der Hudson- Metropole beim „Catholic Worker“ aus und entschied sich damit gegen ein Praktikum. „Es reicht nicht, nur die Starbucks- und Blackberry-Welt zu kennen. Gesellschaftliche Wirklichkeit hat häufig ein raues Gesicht“, sagt Rühle. Die Erfahrungen aus den New Yorker Armenvierteln lassen sich, seiner Ansicht nach, konkret auf die Kommunikations-praxis übertragen: „Wer gesellschaftliche Wirklichkeit nicht versteht, kann Unternehmen beispiels-weise in Sachen Corporate Social Responsibility kaum beraten.“
Zu Beginn des neuen Semesters fängt für ihn und viele andere die nächste Etappe an. Mit einem Team aus Bachelor- und Master-Studenten wird er für den Verein Leipziger Public Relations Studenten (LPRS) das 6. LPRS-Forum organisieren, das im April 2011 stattfinden wird. Außer der inhaltlichen Ausrichtung der Podiumsdiskussion werden sie Budgetpläne, Personaleinsatz und Logistik koordinieren.
Die LPRS-Alumni bestätigen immer wieder, dass bürgerschaftliches Engagement Kompetenzen vermittelt, die viel mit dem Alltag in Kommunikationsberufen zu tun haben. So haben sie Organisationstalent und Führungskompetenz in der eigenverantwortlichen Leitung von Vereinsprojekten erworben. Persönlichkeit wächst eben nicht allein im Hörsaal, sondern auch durch Erfahrungen jenseits der Vorlesungen. Immer mehr Unternehmen scheinen dies zu erkennen, wenn sie ihre Mitarbeiter für Corporate Volunteering oder regelmäßige Freiwilligentage freistellen. Engagement sollte schließlich – wie auch das Lernen – den Studienabschluss überdauern.