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News / Angekommen im Unternehmens-Olymp
Sebastian Vesper
15.03.2011   News
Angekommen im Unternehmens-Olymp
 
Wirtschaftsbosse sind in der Krise scheu geworden. Ehemalige Rampensäue scheinen zu Leisetretern mutiert, gelernte Alphatiere geben sich als smarte „Moderatoren“. Ist ja auch klar: Wer stellt sich schon breitbeinig vor die Mikrofone, wenn er selbst nicht weiß (nicht wissen kann!), was die Zukunft bringt. Motto: Wenn man nichts zu sagen hat, einfach mal die Klappe halten – das lernt man leider nicht im BWL-Studium, aber zum Glück auf jedem Schulhof.
Nur besteht der Unterschied zwischen Pennäler und CEO darin, dass letztgenannter durchaus gelegentlich Stellung beziehen, Pläne erklären oder Botschaften verkörpern müsste. Das erwarten Mitarbeiter, Mediensystem und Meinungsbildner. Das „Vertrauen in die Politik“ mag erodieren, aber die Kaste der Wirtschaftslenker kann davon bisher wenig bis gar nichts für sich abgreifen.

Der CEO als Moderator
„Fernseher oder Lautsprecher?“ – unter dieser zugespitzten Frage gehen Joachim Klewes und Udo Klein-Bölting in ihrem soeben erschienenen Buch der Frage nach, ob und was „die Chef-Etage aus der Krise gelernt“ habe (Carl Hanser Verlag, ISBN 978-3-446-42255-1). Das Urteil, das auf vielen Gesprächen mit Unternehmensbossen und eigenen Welterklärungsansätzen der Berater basiert, fällt recht milde aus. Ein zentraler Befund lässt aufhorchen: Der CEO wachse „immer stärker in eine Rolle als Moderator der verschiedenen Stakeholder-Gruppen“ hinein, sei es bei Kunden oder Mitarbeitern, auf dem politischen Parkett oder in der Finanzwelt. Der CEO, so heißt es auf Seite 230 weiter, habe die „Definitionsmacht über die Ausgestaltung der Stakeholder-Beziehungen“; am besten solle sich das Vorstandsteam die Schüsselbeziehungen untereinander aufteilen und diese pflegen.
Der CEO als „Moderator“ externer Gruppen: Kann das gut gehen? Durchaus, wenn man die Moderatorenrolle so interpretiert, dass auch der Moderator eine Meinung haben darf. Wozu aber, ist man versucht zu fragen, braucht es dann eigentlich noch eine ausgebildete PR-Kraft?
Atmen wir kurz durch. Anstatt – der chronisch nach Anerkennung lechzenden PR-Standespolitik vergangener Jahre folgend – einen „Aufstieg“ des Kommunikationsmanagements „an den Vorstandstisch“ zu proklamieren, wird hier die Statik umgedreht und der CEO zum Oberkommunikator erklärt. Die Kommunikation erreicht, hurra, den Unternehmens-Olymp, aber eben nicht in Gestalt des PR-Chefs, sondern des CEOs. Das haben übrigens nicht Klewes und Klein-Bölting erfunden; die amtierende Generation der PR-Professionals praktiziert es im Zusammenspiel mit ihren Chefs längst – sofern die sich dafür eignen.
Selbstverständlich braucht es lupenreine Kommunikationsstrategen, und das nicht nur als externe Berater, sondern fest verankert im Herzen der Organisation. Weil Kommunikation eine gute Story braucht. Weil sich Kommunikation, aller Rationalisierung, aller Ablaufoptimierung und Verrecht- lichung zum Trotz, am Ende nicht nur „managen“ lässt. „Management“ ist das notwendige Mittel, nicht der eigentliche Zweck.

Kommunikation ist mehr als „Managen“
Lange hat die Kommunikation dafür gekämpft, als „Managementaufgabe“ anerkannt zu werden. Dieser Kampf ist längst gewonnen. Die Kraft der Kommunikation aber liegt nicht im Managen von Botschaften und Inhalten. Sondern in den Botschaften und Inhalten selbst. Gute Kommunikationschefs schicken ihren CEO vor die Mikrofone und sorgen vorher dafür, dass er auch was zu sagen hat. Auch und gerade nach der Wirtschaftskrise.

Sebastian Vesper ist Editorial Director bei Haymarket in Deutschland. Von 1997 bis 2009 war er Chefredakteur beim PR Report.
 

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