Wenn ja, wie viele?
1987 war die Welt eine andere. Die Volkszählung war 1983 im ersten Anlauf – das Jahr des Orwellschen Überwachungsstaates nahte – vom Verfassungsgericht gestoppt worden. Auch der zweite wurde von Protesten begleitet. Die „Verdatung“ der Gesellschaft war das Schreckgespenst. Die Bundesregierung fuhr eine aufwändige Kampagne (siehe PR Report 7/2007). Die Botschaft: „10 Minuten, die allen helfen.“ (Sic!)
Aber: „Volkszählung war gestern – Zensus ist morgen.“ So eine Überschrift im Rahmen der Kampagne, die die Bundesregierung dieser Tage ins Leben rief, um die Zählung 2011 zu begleiten. Auch diesmal melden sich kritische Stimmen zum Datenschutz. Ein Aufstand aber ist nicht zu erwarten. Allein deshalb nicht, weil es sich nicht um eine traditionelle Volkszählung, bei der alle Haushalte befragt werden, handelt, sondern um einen „registergestützten Zensus“. Hierbei werden vor allem Verwaltungs- und Melderegister zur Datengewinnung genutzt. Ansonsten erhalten nur die rund 17 Millionen Besitzer von Immobilien und etwa zehn Prozent der Bevölkerung zur Stichprobenüberprüfung einen Fragebogen.
Ohnehin verläuft die Frontlinie beim Datenschutz längst nicht mehr eindimensional zwischen Bürger und Staat. Vielmehr erregt das Internet die Gemüter – der Web-2.0ler, die ohnehin aus freien Stücken etliche persönliche Angaben preisgeben, wie der Offliner, bei denen das WWW nun mit „Google Street View“ direkt vor der Haustür steht.
„Wissen, was morgen zählt“, lautet der Claim der Zensus-Kampagne. Wissen, wie viele wir wirklich sind, etwa. Nämlich wahrscheinlich sehr viel weniger als 82 Millionen. Und wer. Steinalte Türken zum Beispiel nicht; sie geistern nur, nachdem sie ohne Abmeldung in ihre alte Heimat zurückgekehrt sind, als Karteileichen durch die Register. Kritik regt sich daher an der fehlerhaften Bevölkerungsstatistik, an der auch die Volkszählung 2011 wenig ändern wird. (ik)