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28.05.2008   News
Von Beruf Venezianerin
 

Annalisa Carnio vertritt als Pressesprecherin die italienischen Eishersteller in Deutschland. Ein Saisongeschäft, das jedes Jahr früher beginnt. Von Peer Brockhöfer

Solange winterliche Temperaturen vorherrschen, bleibt das Telefon von Annalisa Carnio still. „Aber mit der ersten Sonne rufen umgehend die Journalisten an“, beschreibt die Sprecherin von Uniteis den Startschuss in die alljährliche Speiseeis-Saison. Und der Klimawandel sorgt dafür, dass die süße Eiszeit mittlerweile im April beginnt, der nicht mehr macht, was er will, sondern der sich zum verlässlichen Frühlingsmonat gemausert hat.

Geboren wurde Carnio dort, woher auch viele italienische Eishersteller stammen: in der italienischen Provinz Treviso, die zu Venezien gehört. An der Universität Venedig machte sie 1985 ihren Doktor der englischen Literaturwissenschaften. „Aber ich wollte keine Englischlehrerin werden“, sagt Carnio, und es verschlug sie nach Berlin. Warum? „Ich habe Deutschland schon immer gemocht“, lacht sie. „Besonders die Ostseeküste.“

Zu Uniteis, dem Verband der italienischen Eishersteller in Deutschland, kam sie 1998 per Zufall. Während einer Italien-Veranstaltung in der Hauptstadt wurde sie vom Geschäftsführer gefragt, ob sie nicht Lust hätte, Pressesprecherin zu werden, denn daran mangelte es dem Verband seit seiner Gründung 1969. Carnio hatte sich bis dahin nicht besonders für Eis interessiert, brachte aber eine entscheidende Voraussetzung für den Posten mit: „Ich spreche den venezianischen Dialekt.“ Die Verbandssitzungen werden zwar nicht offiziell auf Venezianisch gehalten, aber man unterhält sich in der Mundart. Außerdem verfügt Carnio, die als Zweitfach Italienische Kulturwissenschaften studierte, über das Hintergrundwissen zur Emigration von Italienern nach Deutschland.

Wenn sie von der Geschichte des Eises erzählt, ist die 49-Jährige nur schwer zu stoppen. Man erfährt, dass es schon zu Marco Polos Zeiten Speiseeis gegeben hat, und dass es mit Früchten und Honig versetzter Schnee war. Auch die römischen Kaiser mochten die fruchtige Erfrischung, und die Araber kannten schon früh das Gefrorene. Das Speiseeis, das in etwa 3.300 italienischen Eisdielen, die der Verband vertritt, in Handarbeit hergestellt wird, stammt historisch gesehen aus den Dolomiten. Mittlerweile isst Carnio am liebsten Mokka-Eis, und sie kann sofort erkennen, mit welchen Zutaten es hergestellt wurde und ob es frisch ist. „Außerdem liebe ich Joghurt-Eis“, bekennt sie. Es sei die beste Kombination aus Deutschland und Italien.

In den vergangenen zehn Jahren hat Carnio das Pressebüro aufgebaut und PR-Aktionen etabliert. Beispielsweise das „Eis des Jahres“. In diesem Jahr stellten die Mitglieder von Uniteis zum neunten Mal eine neue Eiskreation vor und wählten „Ricotta“ zu ihrem Favoriten. Außerdem gibt es in jedem Herbst eine Radtour, bei der die Eishersteller von Deutschland nach Venedig aufbrechen. Sie symbolisiert, dass die Immigranten früher den Winter in ihrer Heimat verbrachten. Besonders freut sie, dass in diesem Sommer erstmalig der Beruf des Speiseeisherstellers ein anerkannter Ausbildungsberuf sein wird. Ein Thema, das sie auf Trab hält, bis es wieder kalt wird. „Dann kann ich mich wieder meiner Agentur Bella Vacanza widmen.“ Hier vermittelt sie Italien-Reisen und Feriendomizile.

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