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26.03.2008   News
Immer im Bilde
 

Unternehmen und Agenturen versorgen TV-Sender gern mit Footage-Material oder fertigen Ideen für Fernsehbeiträge. Nur: Wie erfährt man, wer die Filme wann verwendet hat? Von Peer Brockhöfer

Auch wenn eine Vielzahl der PR-Profis dem Ruf des Web 2.0 folgen wie Kinder dem Rattenfänger von Hameln, so hat doch das Fernsehen nach wie vor eine hohe Relevanz. Bewegtbild-Kommunikation ist nicht wegzudenken, auch wenn der derzeit starke Trend in Richtung Corporate TV geht.

Um herauszufinden, was wann wo gesendet wird, verfügen Medienbeobachter über so genannte TV-Lektorate, in denen geschulte Mitarbeiter täglich, und wenn es sein muss rund um die Uhr, nach Erwähnungen ihrer Kunden fahnden. Ein großer personeller Aufwand, der nötig ist, denn bisher gab es kaum Möglichkeiten, TV-Kanäle auf technischer Basis automatisiert zu beobachten. Lediglich der US-Anbieter Medialink bietet an, Footage-Material mit einem Wasserzeichen zu versehen. Teletrax nennen die Amerikaner ihr System, das von Philips Electronics entwickelt wurde und nahezu 1.500 TV-Kanäle in 50 Ländern sondiert.

Neu auf dem Markt ist das Angebot von iPharro, einem Spin-off des Fraunhofer-Instituts mit Sitz in Darmstadt. Die 20-Mitarbeiter-GmbH wurde 2006 mit einem Startkapital von vier Millionen Euro gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, ein System zu vermarkten, das auch ohne Wasserzeichen und Lektorenarbeit gesendete Filmelemente erkennt. Dazu benötigen die Software-Entwickler zunächst die zu suchende Filmsequenz. Diese wird in einen digitalen „Fingerabdruck“ umgewandelt. Das System kann dann in Echtzeit das gesendete Fernsehprogramm nach genau diesem Filmschnipsel durchsuchen.

Die Kernzielgruppe von iPharro sind Werbetreibende, die wissen wollen, ob ihr TV-Spot wie gebucht gesendet wurde. iPharro kann auch Veränderungen in den Filmschnipseln erkennen. Das hat für Werber den Vorteil, dass das System beispielsweise registriert, wenn der Sender den Werbefilm durch einen Banner teilweise verdeckt hat. Die Veränderungen werden in Prozentangaben genannt. iPharro kann mit einem Kunden aus der Werbebranche aufwarten. Nielsen Media Research hat eine Lizenz für die Software erworben und damit begonnen, die Platzierungen von Werbespots zu nachzuverfolgen.

Ein weiterer Kunde ist das ZDF. Mit der Monitoring-Software Media Seeker will der Sender seine Syndication-Materialien nachverfolgen. Eigenes Bildmaterial wird dazu semantisch und in Echtzeit mit dem konkurrierender TV-Stationen verglichen – so können die Verantwortlichen sehen, wer ihr Material verwendet hat. Aber mehr noch: Das ZDF kann Konkurrenzbeobachtung betreiben und feststellen, wo die Unterschiede zwischen den eigenen Nachrichtensendungen und denen anderer Sender liegen oder inwiefern sich die Formate gleichen.

Solche Anwendungen sind auch für PR-Verantwortliche interessant. Denn so wie das ZDF die Verbreitung seines Syndication-Materials verfolgt, so können auch Unternehmen beobachten, wo ihr Footage-Material läuft. Die klassischen Medienbeobachter schicken für solche Aufgaben ihr TV-Lektorat auf die Suche – Ausschnitt Medienbeobachtung etwa lässt 66 TV-Stunden pro Tag, mehr 400 TV-Stunden pro Woche 300 Sendungen auf mehr als 29 TV-Sendern beobachten. Der Kunde erhält als Ergebnis eine Trefferliste mit zusätzlichen Daten. Auch die Zusendung der Clips ist kein Problem, ebenso wenig eine qualitative Auswertung. Auch PressWatch aus Hamburg hat TV-Beobachtung im Programm – und auch hier basiert sie auf Leistungen der Lektoren, die sämtliche Sender im deutschsprachigen Raum begutachten. Cision setzt seine TV-Beobachter auf etwa 100 Sender an, was eine Sehleistung von mehr als 25.000 Sendestunden im Monat macht. Bisher, so die Kornwestheimer, seien die Anfragen der Kunden problemlos ohne spezielle Software-Unterstützung  zu bewältigen.  Aber natürlich fänden Analysen datenbankgestützt statt.

Bei iPharro ist der Kunde größtenteils auf sich selbst angewiesen. Wenn er nicht ständig auf den technischen Support zurückgreifen will, lädt er das gesuchte Video auf die iPharro-Seite, die Software fertigt den digitalen „Fingerabdruck“, nach dem sie in den gewählten Fernsehkanälen sucht. Auf dem Portal erhält der Kunde dann eine Trefferliste mit detaillierten Angaben wie Uhrzeit und prozentualer Übereinstimmung mit dem Original. Gezeigt werden auch Screenshots der Clips und grafisch aufbereitete quantitative Analysen.

iPharro-Chef Joshua Cohen kann allerdings noch nichts zu den Preisen seines Angebots sagen – dazu sei es noch zu früh. Vertreter der klassischen Evaluationsdienstleister beobachten die technischen Entwicklungen mit Interesse, aber auch einer gewissen Skepsis. Ob Technik wirklich schneller und effizienter sei als die TV-Beobachtung durch Menschen, sei fraglich. Schließlich könnten Menschen durch Erfahrung und Intuition punkten. Und letztendlich würde es schwerfallen, technische Lösungen zu finden, die auch eine qualitative Auswertung leisten können. Dafür seien immer noch geschulte Mitarbeiter nötig, die sich die Bilder anschauen müssen, um sie einordnen zu können.

 

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