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Über Datenleitungen erreichen uns täglich ungefragt Hunderte E-Mails "Hauptinstrumente für dei Kommunikation zum Kunden sind nach wie vor Telefon und E-Mail.", Annegret Haffa, Inhaberin Dr. Haffa & Partner
14.03.2011   News
Post-E-Mail-Kommunikation
 
Die E-Mail hat das Fax erfolgreich verdrängt. Jetzt schickt sich das Web 2.0 an, den elektronischen Brief zu beerben. Mit Erfolg? Welche Kanäle für die Unternehmenskommunikation künftig eine Rolle spielen werden und warum die Mail letztlich doch Bestand haben wird, zeigt ein Bericht von Peer Brockhöfer
So praktisch es ist, einen E-Mail-Massenversand vom Schreibtisch aus zu organisieren, hat es doch seine Tücken: Die Einfachheit führt dazu, dass inflationär viele Pressemitteilungen verschickt werden, was gepaart mit Nachfassaktionen zu steigendem Ärger bei den Empfängern führt. Dateianhänge sorgen dafür, dass Mails im Spam-Ordner landen und von Firewalls ausgesiebt werden. Und auch chic aufgemachte Mails im HTML-Format haben ihre Tücken: „Nicht wenige Journalisten fordern Mails im Rein-Text-Format – also ohne HTML-Gestaltung oder Anhänge“, berichtet Annegret Haffa, deren Agentur kürzlich eine Umfrage zur „Zukunft der E-Mail“ in der Unternehmenskommunikation veröffentlicht hat.
Vor ungefähr vier Jahren haben PR-Agenturen begonnen, die schlichte E-Mail durch Web 2.0-Elemente zu erweitern. Heraus kam die „Social Media Press Release“. Dabei wird zwar nach wie vor ein Hinweis an die Adressaten verschickt – per Twitter, RSS-Feed, Postings auf Internet-Plattformen oder eben auch per Mail. Die eigentlichen Inhalte aber befinden sich im Internet. Dazu können außer Texten Multimedia-Elemente wie Filme, Fotos, Powerpoint-Folien, Grafiken oder Audio-Dateien gehören – viel mehr, als man mit Mails verbreiten könnte.
Zu finden sind diese Inhalte aber nicht nur, oder unter Umständen gar nicht auf der Unternehmenswebsite, sondern auf Web 2.0-Plattformen, die sich dafür eignen: Flickr.com für Fotos, Youtube.com oder Vimeo.com, bei Slideshare.com liegen die Powerpoint-Präsentationen zur Ansicht bereit, auf Formspring.com können Informationen gesammelt werden. Daher auch die Bezeichnung Social Media Press Release – sie dient sozusagen also Miniportal, das dem Empfänger direkten Zugang zu den Inhalten auf den unterschiedlichen Plattformen bietet.
Im Idealfall hat das eine hohe Vernetzung zur Folge. Die Empfänger werden auf die Facebook-Profile zu Unternehmen und Produkten geführt, das Abonnement für den RSS-Feed wird angeboten und es wird ihnen denkbar leicht gemacht, Follower eines Unternehmens-Twitters zu werden.


E-Mails bleiben die Basis
Bei der erwähnten Umfrage der PR-Agentur Haffa zur „Zukunft der E-Mail“ in der Unternehmenskommunikation zeigt sich, dass die Bedeutung der Mail für Pressesprecher abnimmt. Zwar könne ein Twitter-Account keine E-Mail ersetzen und auch Facebook sei kein Surrogat für einen Pressebereich auf der Firmenhomepage –den wird es auch auf lange Sicht geben. Aber die Gesamtheit des Web 2.0 eröffnet neue Möglichkeiten. Einer der Umfrage-Teilnehmer formuliert es so: „Der Unternehmens-Mailserver wird auf jeden Fall aussterben und die Funkt-ion wird in der Cloud – wo auch immer diese wohnt – aufgehen.“ Mit dem englischen Wort für Wolke ist die Gesamtheit der Web 2.0-Angebote gemeint, so ähnlich wie auch die miteinander vernetzten Blogs gern als „Blogosphäre“ bezeichnet werden.
70 PR-Entscheider und Meinungsmacher hat Haffa zu einem „Experten-Panel“ zusammengebracht und befragt, wie sie zur althergebrachten E-Mail stehen. Knapp die Hälfte (48 Prozent) der Befragten können sich demnach keine Unternehmenskommunikation ohne E-Mail vorstellen. Bei einer ähnlichen Befragung der Agentur schrieben vor fünf Jahren noch 92 Prozent der Teilnehmer der E-Mail eine so große Bedeutung zu. Zehn Prozent glauben, dass die Mail künftig durch andere Kommunikationsmittel abgelöst wird – vor fünf Jahren waren es noch acht. Unterm Strich glaubt ein Viertel, dass die Bedeutung von E-Mails abnehmen wird. Als wichtigste Alternativen wurden Facebook, Google Wave, Instant Messaging und Enterprise-Wikis genannt.
Agenturen raten dazu, weiter auf E-Mails zu setzen, aber sie durch Web 2.0-Anwendungen zu erweitern. „Sich auf das Web 2.0 zu beschränken halte ich nicht für sehr sinnvoll“, sagt auch Haffa. Gleichwohl bietet ihre Agentur RSS-Feeds und Twitter an. „Das ist eine gute Basis, die – je nach Zielgruppe – noch durch Social Media-Plattformen, wie zum Beispiel Facebook oder Xing, ergänzt werden kann.“


Die USA leben den Trend vor
Die E-Mail leidet nicht nur an ihren beschränkten multimedialen Möglichkeiten. Das größte Problem ist die überbordende Anzahl von unerwünschten Spam-Mails. Erst kürzlich wurden riesige Bot-Netzwerke gesprengt. Eines hob Anfang März die spanische Polizei aus. Kurz zuvor schlug Microsoft zu: Mit Genehmigung eines US-Gerichts kappte man nach Firmenangaben das Waledac-Botnetz, das täglich bis zu 1,5 Milliarden Spam-Mails verschickte. Sie verstopfen die Kanäle und führen dazu, dass System-Admintratoren die Firewall-Kriterien verschärfen.
Das Software-Unternehmen SAS, 1976 im US-Bundesstaat North Carolina gegründet, setzt besonders in seinem Heimatland auf Social Media. „In den USA wird uns dieser Trend vorgelebt. Blogs haben beispielsweise ihren festen Platz in der Kommunikation eingenommen. SAS USA hat Dutzende von externen und internen Mitarbeiterblogs“, berichtet Pressesprecher Thomas Maier. „SAS in Deutschland setzt auch auf Twitter, Blogs, Communitys und Co.“ Die Ansätze sind jedoch businessorientierter, konkreter und weniger experimentell als in Übersee. Für seine jährliche Benutzerkonferenz hat SAS Deutschland das SAS-Forum, eine geschlossene Xing-Gruppe eingerichtet. Dort kann jeder der etwa 1.200 Gäste des zweitägigen Forums Wochen vor dem eigentlichen Event Kontakte knüpfen. „Die SAS Forum-Xing-Gruppe ist ein wichtiger Baustein des Event-Konzepts.“ Maier nennt ein zweites Beispiel: „SAS Deutschland-Geschäftsführer Wolf Lichtenstein bloggt.“ Mitarbeiter können im Intranet erfahren, was den „Chef umtreibt“ und seine Beiträge mit eigenen Statements kommentieren.


Kinderkrankheiten kurieren
Bevor sich allerdings die sozialen Netzwerke in der Unternehmenskommunikation etablieren können, müssen noch einige Kinderkrankheiten kuriert werden. So allumfassend und flexibel diese Dienste auch sind, so schwer sind sie andererseits greifbar: „Instant-Messaging-Dienste, wie zum Beispiel Skype oder MSN-Messenger, sind unmittelbarer und direkter als E-Mail, aber sie sind im Gegensatz zu E-Mails nur sehr schwer zu archivieren“, sagt Haffa.
Außerdem gibt es, gerade wenn Social Media für die Unternehmenskommunikation eingesetzt werden, zahlreiche rechtliche Grauzonen. „Wann gehören Social Media Accounts dem Arbeitgeber?“ fragt beispielsweise Stephan Fink auf dem agentureigenen Blog von Fink & Fuchs. Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, aber eine Tendenz zeichnet sich ab. Mitarbeitern von Unternehmen, die im Auftrag des Arbeitgebers beispielsweise twittern, sollten sich darüber klar sein, dass die gesammelten Kontakte nicht ihnen gehören, sondern der Firma – die gesammelten Inhalte sowieso.
Kerstin Hoffmann, Kommunikationsberaterin aus Düsseldorf, geht noch einen Schritt weiter. In Ihrem Blog „PR-Doktor“ beschreibt sie, dass die Daten eigentlich noch nicht mal dem Unternehmen gehören: „Wir alle – oder jedenfalls viele von uns – publizieren fleißig im Netz. Für uns selbst oder als Teil der Kommunikationsstrategie unserer Kunden. Was wir dabei gerne vergessen: Wir veröffentlichen zu großen Teilen auf fremden Plattformen.“ Das kann gravierende Folgen haben. Denn die Betreiber dieser Plattformen garantieren nicht, dass es sie morgen noch geben wird. Und auch, wer gegen die Regeln verstößt, dem kann schnell der Zugang gesperrt werden. „Dann sind unter Umständen viele Monate der Arbeit und der Investitionen vergeblich gewesen“, sagt sie und rät daher, sich eingehend mit den Teilnahmebedingungen zu befassen und zumindest die gesammelten Kontakte bei sich zu speichern.
Darüber hinaus ist noch unklar, wie Abstimmungsprozesse vonstatten gehen sollen. Ist es sinnvoll, 140 Zeichen, die ein Mitarbeiter für einen Tweed textet, mit verschiedenen Abteilungen abzustimmen? Die offene Kommunikation birgt insbesondere bei der lockeren Sprache, die in Social Media gepflegt wird, Risiken. „Arbeitsverträge, Vertraulichkeitsvereinbarungen & Co. stellen seit jeher einen verbindlichen Rahmen, in dem sich (fast) alle Mitarbeiter souverän bewegen. Dennoch muss natürlich für den Umgang mit Social Media entsprechende Medienkompetenz aufgebaut werden”, relativiert Agenturgründer Fink die Problematik. Er empfiehlt Unternehmen, Social Media-Guidelines zu entwickeln, die Leitplanken für Inhalte, Kommunikationsstil und Umgang mit Dritten vermitteln. So kann es Unternehmen gelingen, dass Gesetze, verpflichtende organisatorische Anforderungen oder Branchen-Kodizes nicht via Social Media verletzt oder unterlaufen werden.
Hinweise darüber, ob mittels Social Media Journalisten im deutschsprachigen Raum erreicht werden, gibt eine Studie der österreichischen PR-Agentur ikp in Zusammenarbeit mit dem Verbandsmagazin „Der Österreichische Journalist“. Während im Schnitt 32 Prozent der Bürger zwischen Bregenz und Wien Social Networks nutzen, sind es bei den Journalisten acht von zehn Befragten. Dabei nimmt Facebook mit 79 Prozent den ersten Platz ein, gefolgt vom Business-Netzwerk Xing (69 Prozent). Bemerkenswert ist, dass der Kurzmeldungsdienst Twitter nur von 30 Prozent der Journalisten genutzt wird. Das sind Zahlen, die eine Social Media-Strategie sinnvoll erscheinen lassen –ganz abgesehen davon, dass sich mit Web 2.0 nicht nur Redaktionen, sondern auch Blogger, Meinungsmacher und Interessengruppen aller Art im Netz erreichen lassen.
Nichts desto trotz ist die E-Mail weit davon entfernt, künftig ein Schattendasein zu fristen: „Hauptinstrumente für die Kommunikation zum Kunden sind nach wie vor Telefon und E-Mail“, fasst Annegret Haffa den Status Quo zusammen.
 

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