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News / Diplomatisches Hauen und Stechen entbrannt
Dominik Meier
14.03.2011   News
Diplomatisches Hauen und Stechen entbrannt
 
Die hohe Diplomatie war stets ein intrigantes Parkett. Insbesondere im Brüsseler Interessensdickicht, in dem die Fallstricke mindestens so straff gespannt sind, wie die Nerven der unzählbaren Akteure, Sektierer und Saboteure, entzünden sich immer wieder Konflikte, die gar aus der Feder eines Dramaturgen stammen könnten. Schon Shakespeare vermochte die politische Intrige geschickt zu inszenieren: Die Geschichten von Richard III, Antonius und Cleopatra oder auch Brutus und Caesar offenbaren, welch hohen Preis die Macht haben kann.
Das neueste Opfer des Brüsseler Intrigantenstadls ist die erstmalige europäische "Außenministerin" Catherine Ashton, die ihr neues Amt aus Sicht einiger Eurokraten aus geradezu willkürlichen Proporzgründen bekleidet. Kaum war ihre Nominierung bekannt, musste die Baronin Erfahrung damit machen, dass auch Eitelkeit, Neid und Niedertracht der Stoff sind, aus dem die hohe Brüsseler Politik gewebt wird.
Schon bevor Ashton ihr Amt antrat, schlug ihr ein eisiger Wind entgegen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso persönlich war es, der ihr als erster in den Rücken fiel. Noch bevor sie zum Zug kam, ernannte er kurzfristig seinen persönlichen Referenten, ein politisches Fliegengewicht aus Portugal, zum Botschafter der EU in Washington. Die Ernennung von Botschaftern ist ein Privileg, das nach dem Vertrag von Lissabon der Außenministerin vorbehalten sein soll.

„Das neueste Opfer des Brüsseler Intrigantenstadls ist die Außenministerin Catherine Ashton.“



Auch die Deutschen fackelten nicht lang, bevor sie sich in einem inzwischen durchgesickerten Papier über die angelsächsische Dominanz im neu formierten EU-Diplomatencorps der EEAS (European External Action Service) beschwerten.
Am schlimmsten wiegt, dass ein grundsätzliches diplomatisches Hauen und Stechen entbrannt ist zwischen den Mitgliedsstaaten und diversen EU-Institutionen. Es geht nämlich um die Machtverhältnisse im EEAS und eine Menge zu verteilender Posten. Wer allerdings durch die Intrigen und verbalen Dolchstöße Schaden nimmt, ist nicht nur die Baronin, sondern mehr noch die „neue EU“ selbst.
Denn nachdem der lang ersehnte Vertrag von Lissabon ratifiziert ist, gilt es zu beweisen und nach außen zu kommunizieren, dass sich die Union mit den neuen Regeln und Institutionen auch durch raue See steuern lässt. Insofern wäre es an der Zeit, den kommunikativen Schulterschluss zu suchen und der Baronin die Chance zu geben, die sie verdient hat, um Europa erfolgreich nach außen zu vertreten. Die Europäer erwarten von ihr kein Heldenepos. Aber ein Drama Shakespeare'scher Manier, so reizvoll es auch klingen mag, würde langfristig zur Tragödie.

Dominik Meier ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung (de'ge'pol). Kontakt: dmeier@miller-meier.de
 

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