Journalisten werden mitunter nicht nur dafür bezahlt, sich beliebt zu machen, sondern dafür, Geschichten aufzudecken. Das ist eine heikle Angelegenheit, denn nicht alles, was ein Journalist weiß, darf er veröffentlichen.
Und selten kennt er alle Details und Fakten, die eine von ihm aufgegriffene Story ausmachen. Die Folge sind Formulierungen, die mehrdeutig sind. Der Leser kann sich seinen Teil denken. Auch der vom Pressebericht Betroffene kann das – was ihn dazu veranlassen könnte, ein Gegendarstellung zu fordern.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun in einem Streitfall zum Vorteil der Presse nachgebessert (BvR 967/05). Der Rechtsstreit zwischen dem „Spiegel“ und einer Klägerin drehte sich um die Aussage, „auf wundersame Weise“ seien Hinweise auf Wertpapierdepots gefunden worden. Das impliziert, dass es dabei vielleicht nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, wogegen sich die Klägerin durch eine Gegendarstellung zur Wehr setzen wollte. Das Oberlandesgericht Hamburg gab ihr zunächst Recht.
Die Verfassungsrichter argumentieren nun, dass auch Deutungen dieser Formulierung möglich seien, die nicht dazu führen, dass der „Spiegel“ zu einer Gegendarstellung verurteilt wird. Etwa, dass es sich einfach um einen glücklichen Zufall gehandelt habe. Erst nachdem solche positiven Deutungen ausgeschlossen werden können, kann die Redaktion zu einer Gegendarstellung gezwungen werden.
Im Klartext bedeutet das: Nur dann, wenn in einem Pressebericht nicht zu beanstandende Deutungen einer unklaren Aussage ausgeschlossen sind, wird es zu einer Gegendarstellung kommen. Für Unternehmen und Institutionen wird es also künftig schwieriger, sich gegen implizit erhobene Verdächtigungen und Beschuldigungen zu wehren. Redaktionen hingegen können etwas unbefangener schreiben. (pb)