Mit ihrem Outing, bei ihren Instagram-Followern getrickst zu haben, hat die Mode- und Lifestyle-Bloggerin Vreni Frost für Schlagzeilen gesorgt. Im Interview erläutert die 35-Jährige, warum sie das gemacht hat - und warum sie "eigentlich schön doof" war.
PR Report: Frau Frost, Sie haben zugegeben, "Follower" gekauft zu haben. Haben Sie so etwas nötig gehabt?
Vreni Frost: Ich habe in dem Sinne keine gekauft. Ich habe Bots beschäftigt.
Das heißt?
Das sind automatisierte Programme, die jemandem auf Instagram folgen. Der- oder diejenige glaubt dann, ich würde ihm folgen, und im Gegenzug folgt sie oder er mir vielleicht. Was diejenigen aber nicht merken: Dass ihnen der Account Vreni Frost nach 72 Stunden automatisiert "entfolgt". Mein Account folgt und "entfolgt" also permanent Tausenden von Leuten und verschafft mir so eigene Follower.
Wie komme ich an so einen Bot?
Das ist einfach: Sie geben bei Google "Instagram Follower kaufen" ein, und es werden ihnen tausend verschiedene Angebote angezeigt. Ich habe dann eine Agentur in den USA kontaktiert.
Wie viel hat das gekostet, und lohnt sich das überhaupt?
Es geht auch komplett kostenlos. Ich war eigentlich schön doof, dass ich dafür noch was gezahlt habe. Jedenfalls habe ich im Zeitraum von anderthalb Jahren insgesamt 700 US-Dollar gezahlt. Damit habe ich 20.000 Follower gewonnen. Das ist nicht teuer, wenn Sie überlegen, dass ein Blogger im Schnitt pro 10.000 Follower 100 Euro verlangen kann. Wenn einer 100.000 Follower hat, kann er für ein einziges Instagram-Bild circa 1.000 Euro verlangen. Deswegen tricksen so viele mit ihren Zahlen, weil es schnell verdientes Geld ist.
Das klingt traumhaft. Haben Sie den Bot also wegen des Geldes eingesetzt?
Ich hatte den Eindruck, dass sich Marken mehr und mehr auf Instagram fokussieren. Aber für mich ist nach wie vor das Blog meine wichtigste Plattform. Dort produzieren meine Mitarbeiter und ich den hochwertigsten und umfassendsten Content. Ich habe befürchtet, dass ich, wenn die Fokussierung auf Instagram so weiterliefe, irgendwann mit meinen Zahlen abschmieren würde. Ich wollte schlichtweg mehr Reichweite.
Und worin bestand das Problem?
Ich habe mich mit dem Bot zwar nicht wohlgefühlt, aber es hat anfangs ganz gut funktioniert. Ich musste erst mal merken, dass viele der auf diese Weise gewonnenen Follower gar nicht meiner Zielgruppe entsprechen. Ich kann ja nicht kontrollieren, wem der Bot folgt. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich mit meinem Bot gewaltverherrlichenden und pornografischen Profilen folge. Mir sind ganz merkwürdige Accounts mit merkwürdigen Namen gefolgt, irgendwelche alten indischen Männer beispielsweise, die ganz offensichtlich nichts mit meiner Branche am Hut haben. Mit der Zeit war mir klar, dass ich das nicht mehr mitmachen will. 10.000 Follower habe ich inzwischen blockiert, die 10.000 anderen sind echte Follower, die auch ein echtes Interesse an meinem Account haben.
Schauen Werbungtreibende nach Ihrem Outing jetzt genauer bei Ihnen hin?
Nein, vor allem, weil wir auch immer weniger verlangt haben, als es, glaube ich, die meisten in der Branche tun. Ich lege den Fokus auf das Blog und auf die Arbeit dort. Deswegen hatten wir da zum Glück keine Probleme.
Frost, einst bei der Berliner Agentur K-MB beschäftigt, betreibt Ihr Blog
neverever.me seit neun Jahren hauptberuflich und hat etwa 65.000 Follower auf Instagram. Auf der
"Content Creation Week" referiert sie am Donnerstag, 14. September, zum Thema "Gibt es Fame nur für Fake? Das Business hinter Instagram & Co." Karten für die Veranstaltung gibt es
hier. Der PR Report ist Partner der Veranstaltung.
Tipp: Zum Thema Social Media und Influencer Relations findet
am 28. und 29. September eine PR Report Tour statt. In Hamburg besuchen wir die Elbphilharmonie, die dpa, die Techniker Krankenkasse und achtung. Seien Sie dabei!
Tipp II: Falsche Freunde und gekaufte Reichweite verseuchen nicht nur das Influencer Marketing. Dieselben Methoden lassen sich auch für Desinformationskampagnen in der Wirtschaft einsetzen. Lesen Sie im aktuellen PR Report, was ein digitaler Angriff kostet und wie Sie sich dagegen wappnen können. Hier können Sie das Magazin als
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