"Jeder ernst gemeinte Newsroom ist eine Transformationsstory", sagt Christoph Hardt, der das Newsroom-Projekt beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verantwortet. Zuvor hatte er schon bei Siemens in München den Newsroom aufgebaut und war dort seit 2012 für die zentrale Themen-Kommunikation zuständig.
(
Tipp der Redaktion: Am 3. und 4. April findet in Berlin
unsere nächste Newsroom-Tour statt, bei der wir unter anderem hinter die Kulissen der Newsrooms des GDV und der Sparkassen-Gruppe schauen.)
Herr Hardt, Sie haben den Newsroom bei Siemens konzipiert und nun auch beim GDV begleitet. Wieso sind Sie so überzeugt von dem Modell?
Christoph Hardt: Geschwindigkeit ist ein zentrales Qualitätskriterium für die Kommunikation in der digitalen Ära. Ziel des Newsrooms ist es, dass die Unternehmenskommunikation schnell und direkt wirken soll.
Aber das kann doch nicht alles sein.
Der Newsroom ist eine Transformationsstory an sich. Eine gelungene Strategie für jede Kommunikationsabteilung, denn ein Newsroom bricht starre Gewohnheiten auf und bringt etwas Neues, Dynamisches auf den Markt. Das soll sich für jeden Besucher auf den ersten Blick erschließen. Deshalb war auch für die Mitarbeiter von Siemens eine unserer präsentesten Botschaften: „Wir wollen Mauern einreißen, buchstäblich“. Und das sieht jeder Besucher auch sofort im Newsroom des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin.
Welche ist Ihrer Meinung nach die schwierigste Phase bei der Implementierung eines Newsrooms?
Am Anfang brauchen Sie unbedingt eine starke Rückendeckung, am besten die des CEOs. Jeder ernst gemeinte Newsroom ist eine Transformationsstory, deswegen muss sich jeder Manager, der sich mit der Implementierung eines solchen befasst, im Klaren darüber sein: Der angestrebte Change-Prozess wird auf starken Widerstand treffen. Das ist in allen Abteilungen möglich. Ein Newsroom macht nicht vor den Grenzen der Kommunikation halt, er wirkt sich auf die ganze Organisation aus.
Das bedeutet?
Externe Hilfe ist bei so einem enorm großen Vorhaben unbedingt anzuraten. Gerade in Konfliktfällen kann eine neutrale Sicht von außen viel besser vermitteln. Auch beim GDV-Projekt haben wir dies beachtet. Das Prinzip Newsroom ist stets weit mehr als die normale Kommunikation. Strategische Entscheidungen werden gefällt – die Zustimmung und Unterstützung der Geschäftsführung sind deshalb unbedingt vonnöten. Somit wird das Projekt in sich gestützt. Die Mitarbeiter erhalten die notwendige Orientierung.
Wie würden Sie das Prinzip Newsroom beschreiben?
Der Newsroom soll idealerweise ein Ort des kreativen Austauschs sein. Kritik und Diskussion gehören genauso dazu wie das Feiern von Erfolgen. Auch die Blattkritik durch externe Redaktionen kann bei der Verwirklichung helfen. Etablieren Sie eine offene Kommunikationskultur, in der sich alle als Team wohlfühlen.
Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, die einen Newsroom einführen wollen?
Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter frühestmöglich ein und achten Sie darauf, dass Sie die Unterstützung der Geschäftsleitung haben. Beteiligen Sie alle von Anfang an – in der Planung, mit Besuchen auf der Baustelle und mit der Möglichkeit, sich zu äußern. Wenn Ihre Mitarbeiter von Anfang an mit dabei sind, stehen die Chancen gut, dass alle hinter dem Newsroom-Modell stehen und es mit Ihnen zusammen leben. Und nicht zu vergessen: Formen Sie unbedingt neue Teams, damit die alten Strukturen nicht unverändert im Newsroom Einzug halten.
Worauf sollten Unternehmen noch Wert legen?
Auf eine gute Ausstattung und professionelle Architektur. Ihre Mitarbeiter sollen gerne im Newsroom arbeiten. Hier dürfen Sie also nicht sparen, denn es rechnet sich mittelfristig. Nicht nur betriebswirtschaftlich – die laufenden Kosten pro Mitarbeiter sind deutlich günstiger als im Falle eines Einzelbüros – sondern auch reputationstechnisch. Sie beweisen durch den Newsroom, dass Sie offen für Veränderungen sind – dies macht Sie auch in den Augen der Arbeitnehmer als Arbeitgeber attraktiver.
Obwohl der Newsroom zunächst zu viel Kritik unter den Arbeitnehmern führen kann?
Durch den Change-Prozess müssen sich die Mitarbeiter erst einmal in der neuen Arbeitswelt orientieren. Lernen gehört in den Alltag eines Newsrooms. Digitale Kommunikation braucht eine stark projektbezogene Kommunikationsarbeit. Erstklassiger Content will gelernt sein. Dies gilt für alle Mitarbeiter, auch für die Journalisten. Wir sind daher sehr stolz darauf, mit der Journalistenschule Köln zusammenzuarbeiten.
Das Interview mit Christoph Hardt erschien zuerst in der "PR-Werkstatt" zum Thema "Der Newsroom". Darin zeigt Christoph Moss, wie sich Themen über die Schaltzentrale der Unternehmenskommunikation effizient steuern lassen. Diese Werkstatt-Ausgabe ist
als Printversion und
als Download erhältlich. Christoph Moss wird
bei unserer Newsroom-Tour in Berlin auch einen Workshop leiten, um das Konzept zu vertiefen.