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02.02.2017   News
Reuters: Wie wir über Donald Trump berichten werden
 

Reuters-Chefredakteur Steve Adler hat sich am Dienstag in einer Nachricht an die Mitarbeiter gewendet. Thema des Schreibens war die Berichterstattung über Präsident Trump und wie die Nachrichtenagentur mit dessen Regierung umgehen will. Ausnahmsweise dokumentierten wir das Schreiben im Original, weil es auch für PR-Profis lesenswert ist. Denn es zeigt, nach welchen Leitlinien Journalisten arbeiten.


Die ersten zwölf Tage der Präsidentschaft Trumps (ja, es sind tatsächlich erst zwölf!) verliefen für alle sehr denkwürdig - und waren besonders herausfordernd für uns im Nachrichtengeschäft. Es passiert nicht jeden Tag, dass ein US-Präsident Journalisten als 'mitunter die unehrlichsten menschlichen Wesen auf der Erde' bezeichnet, oder dass sein Chefstratege die Medien 'die Oppositionellen' nennt. Da überrascht es nicht, dass viele Fragen und Theorien rund um die Berichterstattung über die neue Regierung im Raum stehen.


Was also ist unsere Antwort? Treten wir der Regierung entgegen? Besänftigen wir sie? Boykottieren wir ihre Pressekonferenzen und Informationsgespräche? Nutzen wir unsere Plattform, um Unterstützung für die Medien zu sammeln? Alle diese Ideen gibt es und für manche Medienhäuser mögen einige davon funktionieren, aber für Reuters macht keines davon Sinn. Wir wissen, was zu tun ist, weil wir es jeden Tag machen - und das weltweit. 


Um das Offensichtliche zu betonen: Reuters ist eine globale Nachrichtenagentur, die unabhängig und fair in über 100 Ländern, von denen in vielen eine große Medienabneigung herrscht und Journalisten nicht selten attackiert werden, berichtet. Ich bin fortwährend stolz auf unsere Arbeit in Ländern wie der Türkei, den Philippinen, Ägypten, Irak, dem Jemen, Thailand, China, Simbabwe oder Russland. Länder in denen Journalisten meist mit einer Kombination aus Zensur, Strafverfolgung, dem Entzug vom Visum und sogar physischen Bedrohungen zu kämpfen haben. Unsere Antwort darauf ist der bestmögliche Schutz für unsere Journalisten und die auferlegte Verpflichtung, ehrlich und fair zu berichten, auch schwer zugängliche Informationen aufzudecken und dabei dennoch unparteiisch zu bleiben. Wir schreiben nur äußerst selten über uns und die Probleme, mit denen unsere Mitarbeiter konfrontiert werden. Stattdessen berichten wir über Angelegenheiten, die das Leben und die unternehmerischen Aktivitäten unserer Leser und Zuschauer beeinflussen.


Noch wissen wir nicht, wie scharf die Attacken aus Trumps Administrationsapparat noch werden oder mit welchen rechtlichen Mitteln sie gegen unsere Arbeit vorgehen werden. 


Was wir jedoch wissen ist, dass wir auch hier unter den Regeln arbeiten werden, denen überall auf der Welt unterliegen. Nämlich:


Was wir machen:


- Über Themen berichten, die die Leben der Menschen beeinflussen und sie dabei mit allen nötigen Fakten versorgen, damit sie selbst bessere Entscheidungen treffen können.


- Mehr Informationszugänge anlegen: Wenn sich die Tür zu einer Quelle schließt, wird eine andere geöffnet.


- Offizielle Bekanntmachungen und Zugänge sind nicht wichtig - sie waren für Reporter nur selten von wirklich großem Wert. Unsere Berichterstattung im Iran ist hervorragend, obwohl wir quasi keinen einzigen offiziellen Zugang haben. Was wir jedoch haben, sind gute Quellen.


- Unsere Reporter begeben sich in ein Land und lernen vor Ort viel über die Menschen, was sie denken, was ihnen hilft und schadet - und wie die Aktionen der Regierung ihnen gegenüber erscheinen, nicht uns gegenüber.


- Wir behalten die Thomson-Reuters-Vertrauensprinzipien immer im Sinn und wissen, dass "die Integrität, Unabhängigkeit und die Freiheit von Vorurteilen bei Reuters immer in Gänze erhalten bleiben müssen".


Was wir nicht machen:


- Sei niemals eingeschüchtert, aber:


- Suche keine unnötigen Konflikte, um die Story über uns zu schreiben.


- Lass in der Öffentlichkeit keinen Dampf über oft nachvollziehbare Alltagsfrustration heraus. In vielen anderen Ländern schaffen wir es, unsere Probleme bei der Arbeit intern zu halten und so unserer Arbeit nachgehen können, ohne in den Verdacht der Voreingenommenheit zu geraten. Das müssen wir auch in den Vereinigten Staaten schaffen.


- Sieh die Arbeitsumgebung nicht als zu negativ an. Wir haben jetzt gerade die Möglichkeit unsere Fähigkeiten, die wir weltweit gelernt und verbessert haben, anzuwenden und mit gutem Beispiel voranzugehen - und damit die aktuellsten und nützlichsten Informationen für Nachrichtenorganisationen auf der ganzen Welt bereitzustellen. 


Das ist unsere Mission. In den USA und auf der ganzen Welt. Wir machen den Unterschied, weil wir professionellen Journalismus betreiben - unerschrocken und unverfälscht. Wenn wir Fehler machen, was durchaus vorkommt, korrigieren wir sie schnell und komplett. Wenn wir etwas nicht wissen, sagen wir das auch so. Wenn wir Gerüchte hören, folgen wir ihnen und berichten nur über sie, wenn wir davon überzeugt sind, dass wir Fakten haben. Wir schätzen Schnelligkeit, aber keine Eile. Wenn etwas genauere Prüfung benötigt, nehmen wir uns die Zeit dafür. Wir versuchen, 'permanent exklusives' zu verhindern. Oft sind diese 'first but wrong'. Wir arbeiten ruhig und besonnen, nicht nur, weil es in unserem Regelbuch steht - sondern weil es uns ermöglicht hat, über 165 Jahre unsere beste Arbeit zu leisten und Gutes zu tun. 


Autor: Stephen Adler


Übersetzung: Robin Rittinghaus/Bülend Ürük (kress.de)

 

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