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27.06.2007   News
Würden sie doch nur schweigen...
 
Die Überlegungen von Bundestagspräsident Norbert Lammert zu einer Talkshow-Abstinenz von Politikern stoßen bei PR-Beratern auf wenig Gegenliebe
Von Christina BusseEine Auszeit von Auftritten in Sendungen wie „Sabine Chris­tiansen“ oder „Maybrit Illner“ hat Bundestagspräsident Norbert Lammert den Volksvertretern nahegelegt. „Die Politik macht sich zu billig, das gilt besonders für das Fernsehen“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Die Präsenz von Politikern in immer mehr Talkshows habe weder ihr Ansehen verbessert, noch Gelegenheit zu ernsthafter, gründlicher Auseinandersetzung mit politischen Themen gegeben. „Vielleicht sollten alle Politiker mal eine zweijährige Talkshow-Pause einlegen“, empfahl Lammert und gabdamit der Diskussion um die Verflachung der politischen Kultur in Deutschland neuen Zündstoff. Kritisiert wird einerseits die Trivialisierung ernsthafter Themen, die bereits unter dem Schlagwort „Christianisierung“ Eingang in den Sprachschatz gefunden hat, andererseits die ausufernde Selbstdarstellung mancher Politiker.„Sendungen wie Christiansen oder Illner sind Keyformate in der öffentlichen Meinungsbildung, es ist eine Auszeichnung, dort eingeladen zu werden“, meint jedoch Axel Wallrabenstein, Geschäftsführer von Publicis Consultants Deutschland. Statt Talkshows zu boykottieren, sollten Chancen im Rahmen bestehender Sendeformate besser genutzt werden. „Politik muss in der Lage sein, komplizierte Sachverhalte auf den Punkt zu bringen“, weist Wallrabenstein auf eine politische Kernkompetenz hin. Für eine Art Selbstverpflichtung für Politiker plädiert Heiko Kretschmer von der Berliner Agentur Johanssen + Kretschmer: „Das Problem sind nicht Talkshows, sondern eine zu große Zahl an Politikern, die Talkshows dazu nutzen, Probleme zu erfinden und dann Placebo-Lösungen dafür zu präsentieren. Glaubwürdigkeitsdefizite sind die Folge.“Ein Beispiel dafür sieht Minou Khodaverdi, Senior-Beraterin Public Affairs im Hauptstadt-Team von wbpr, in der Berichterstattung rund um den G8-Gipfel: „Hier wurden oftmals Statements abgegeben, bei denen es um die Profilierung einzelner Gäste und Moderatoren ging. Die sachliche Debatte kommt dabei oft zu kurz – das ist plakativ, aber ohne Grundlage.“ Gefragt seien an dieser Stelle die Leiter der Diskussionen. „Die Möglichkeit, sich auf Plattitüden zurückziehen zu können, muss eingeschränkt werden“, fordert Hans Bellstedt, Geschäftsführender Gesellschafter von Plato Kommunikation. Dazu müsse es Formate geben, die Politiker herausfordern, ihnen aber auch die Möglichkeit bieten, komplexe Inhalte darzustellen. „Die Sender haben begonnen umzuschwenken und laden neben Politikern oftmals auch weniger prominente Experten ein, die schwierige Themen wie zum Beispiel den Klimawandel erklären“, beschreibt Bellstedt eine aus seiner Sicht positive Entwicklung. So könnte dann auch einmal der promovierte Soziologe Lammert, der noch nie bei Christiansen oder Illner zu Gast war, zu bester Sendezeit im Öffentlich-Rechtlichen zu sehen sein.
 

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